Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung des Streitwerts für einen Anspruch auf Unterlassung, ein im Geschäftsverkehr zu Werbezwecken eingesetztes Foto zu verwenden. Macht ein klagender Geschäftsmann die unbefugte Verwendung und Bearbeitung eines hochwertigen und jedenfalls semiprofessionell erstellten Fotos geltend, das er selbst für die Bewerbung seiner Produkte nutzen möchte und das der beklagte Geschäftsmann mehrfach und auf Dauer für seine Internetwerbung genutzt haben soll bzw. teilweise noch nutzt, kann es nicht gerechtfertigt sein, den Wert für den Unterlassungsanspruch mit weniger als 5.000 EUR zu bemessen. Setzt ein LG den Streitwert fälschlicherweise zu niedrig fest, kann einem Verweisungsbeschluss an das AG die Bindungswirkung fehlen, wenn die Streitwertfestsetzung als solche nicht begründet ist und sich auch aus dem weiteren Akteninhalt nicht ergibt, aus welchen Gründen der Streitwert zu niedrig bemessen wurde.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281
Verfahrensgang
Tenor
Sachlich zuständig ist das LG C.
Gründe
I. Der Kläger und die Beklagte bieten jeweils Aquaristikbedarf an.
Der Kläger behauptet, Urheberrechte an einem Foto eines Kanisters zu haben. Er habe das Foto mit einer Kamera im Wert von 6.500 EUR in einem Blockhaus eines Gartenstudios gefertigt, von dem er zur Gestaltung eines Katalogs und Fertigung von Fotos hierfür beauftragt worden sei.
Die Beklagte habe das Foto des Kanisters, wobei dieser allerdings mit einem anderen Etikett versehen sei, auf mehreren Internetseiten/-plattformen zu Werbezwecken für von ihr vertriebene Aquaristikartikel eingestellt und genutzt. Sie verwende das - unzulässig bearbeitete - Foto auch weiterhin auf mehreren anderen Seiten, obwohl sie von ihm durch Schreiben vom 30.07.2015 zur Unterlassung aufgefordert worden sei.
Der Kläger hat vor dem LG C Klage erhoben, mit der er (sinngemäß) beantragen will, die Beklagte zu verurteilen,
1. es zu unterlassen, das Foto des Kanisters zu bearbeiten, zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder öffentlich zugänglich zu machen
2. Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie über welchen Zeitraum auf welche Weise das genannte Foto veröffentlicht hat
3. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger Schadensersatz, wie er sich anhand der Auskunft und Rechnungslegung zu Ziff. 2 ergibt, zu zahlen hat.
Den Streitwert der Klage hat der Kläger in der Klageschrift vorläufig mit 8.000 EUR angegeben.
Das LG C hat den Kläger zunächst darauf hingewiesen, der Antrag zu Z. 3 dürfte mangels Feststellungsinteresse unzulässig sein. Eine Leistungsklage sei vorrangig möglich. Der Kläger hat daraufhin hilfsweise den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.400 EUR Lizenzschaden zu zahlen. Das Foto werde in 16 Fällen genutzt, ein Lizenz-Schadensersatz i.H.v. 150 EUR pro Nutzung sei angemessen.
Die Beklagte hat die Zuständigkeit des LG C im Hinblick darauf gerügt, dass der Kläger keine schlüssigen Tatsachen für den so genannten "Fliegenden Gerichtsstand" vorgetragen habe und der Gerichtsstand angesichts des Wohnsitzes des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten - einer UG - in P auch willkürlich gewählt sei. Urheberrechtsverletzungen hat die Beklagte bestritten.
Das LG C hat sodann Termin mit den Parteien und Zeugen anberaumt.
Nachdem der Klägervertreter seine Verhinderung angezeigt hatte, hat das LG C den Termin aufgehoben und zugleich darauf hingewiesen, dass es sachlich unzuständig sein dürfte. Der Kläger habe den Streitwert in seiner Klageschrift mit 8.000 EUR beziffert, jedoch nicht substantiiert dazu vorgetragen, wie er diesen Streitwert gebildet habe. Die Kammer beabsichtige, den Streitwert auf 3.500 EUR festzusetzen, wobei sie "den Wert des Feststellungsantrags zu Ziff. 3 mit 1.000 EUR, den Antrag zu Ziff. 1 mit 2.000 EUR (OLG Hamm, Urteil 17.11.2015, 4 U 34/15) und den Auskunftsanspruch zu Ziff. 2 mit 500 EUR" bewerte.
Die Beklagte hat sich der Auffassung des Gerichts angeschlossen. Der Kläger hat zunächst nicht reagiert.
Durch nicht näher begründeten Beschluss vom 22.04.2016 hat das LG C den vorläufigen Streitwert gem. § 63 Abs. 1 GKG mit den in dem Hinweisbeschluss genannten Einzelwerten auf insgesamt 3.500 Euro festgesetzt.
Das LG C hat daraufhin den Kläger darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Klage als unzulässig abzuweisen. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 12.05.2016 beantragt, den Rechtsstreit an das zuständige AG zu verweisen. Er hat weiter ausgeführt, aufgrund eines fast inhaltsgleichen Parallelverfahrens davon ausgegangen zu sein, die Verweisung bereits beantragt zu haben. Dieses Parallelverfahren (LG C 4 O 272/15) ist Gegenstand des dem Senat ebenfalls vorliegenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung OLG Hamm 32 SA 49/16.
Durch Beschluss vom 17.05.2016 hat das LG C sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das AG C verwiesen.
Das AG C hat die Parteien durch Beschluss vom 13.06.2016 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, sich für sachlich unzuständig zu erklär...