Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswechslung eines im gemeinschaftlichen Testament ernannten Testamentsvollstreckers. Ersuchen des Erblassers einen Testamentsvollstrecker zu ernennen. Nachlaßsache. Ernennung eines Nachfolgetestamentsvollstreckers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der überlebende Ehegatte kann den in einem gemeinschaftlichen Testament ernannten Testamentsvollstrecker durch letztwillige Verfügung auswechseln, wenn die wechselbezüglich bedachten Erben dadurch nicht beeinträchtigt werden.

2. Legt der ernannte Testamentsvollstrecker sein Amt nieder, kann ein Ersuchen des Erblassers an das Nachlaßgericht, einen neuen Testamentsvollstrecker zu ernennen (§ 2200 Abs. 1 BGB), zu verneinen sein, wenn nach Einschätzung des eingesetzten Testamentsvollstreckers eine vollständige Abwicklung des überwiegend verteilten Nachlasses unter den Miterben ohne gerichtliche Auseinandersetzung nicht möglich ist.

 

Normenkette

BGB § 2200 Abs. 1, § 2270 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 5 T 242/2000)

AG Bocholt (Aktenzeichen 7 VI 85/99)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird – insoweit in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung – für das Verfahren der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde auf jeweils 20.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Erblasserin und ihr Ehemann Ernst R. hatten unter dem 14. August. 1987 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich unter II. zu alleinigen und ausschließlichen Erben einsetzten. In Ziffer. VIII Nr. 1 ordnete Herr Ernst R. für den Fall seines Vorversterbens für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung an und ernannte den Wirtschaftsprüfer/Steuerberater Dr. P. aus W. zum Testamentsvollstrecker, dessen wesentliche Aufgabe die Verwaltung des Nachlasses sein sollte. Des Weiteren wurde unter VIII Nr. 2 Abwicklungstestamentsvollstreckung auf den Tod des Längstlebenden angeordnet, wobei ebenfalls Dr. P. Testamentsvollstrecker sein sollte. In VIII Nr. 3 heisst es:

„Sollte Herr Dr. … P. nicht in der Lage sein, das Amt gemäß 1. und/oder 2. zu versehen oder die Übernahme ablehnen, soll die D. Treuhand-Gesellschaft … AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, … Testamentsvollstrecker sein. Für sie gelten die vorstehenden Anordnungen in gleicher Weise.”

Nachdem Herr Ernst R. 1991 verstorben war, wurde Dr. P. am 14. April 1992 vom Amtsgericht zum Testamentsvollstrecker bestellt …. Er erklärte die Kündigung dieses Amtes mit Wirkung zum 30. April 1994 und bat um Bestellung eines Nachfolgetestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht, da auch die im Testament benannte Treuhand-Gesellschaft … AG (im Folgenden: Treuhand AG) erklärt hatte, das Ersatzvollstreckeramt nicht zu übernehmen. Nachdem das Amtsgericht in einem Schreiben vom 15. April 1994 die Auffassung vertreten hatte, das Testament sei dahin auszulegen, dass die Treuhand AG ermächtigt sei, den Nachfolger des Testamentsvollstreckers zu benennen, und Frau Martha R. darum gebeten hatte, den Beteiligten zu 5) zum Testamentsvollstrecker zu bestimmen, wurde er von der Treuhand AG vorgeschlagen. Sodann wurde ihm unter dem 5. August 1994 vom Amtsgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt.

Nachdem die Erblasserin unter dem 28. Dezember 1993 sowie unter dem 28. Juli 1995 jeweils eine Ergänzung zum gemeinschaftlichen Testament verfasst hatte, schloss sie am 4. Juli 1996 – unter anderem mit dem Beteiligten zu 5) – einen notariellen Erbvertrag (… …). In Ziffer I dieses Vertrages erklärte sie, sie hebe – abgesehen vom gemeinschaftlichen Testament – die von ihr errichteten Verfügungen von Todes wegen auf. Unter Ziffer VIII gab sie folgende Erklärung ab:

„Ich ordne Testamentsvollstreckung neu wie folgt an: Zu Testamentsvollstreckern ernenne ich den Erschienenen zu 2), Herrn Rechtsanwalt Dr. B., und, falls dieser vorversterben sollte, den jeweils ältesten Anwaltskollegen seiner Sozietät, ferner Herrn Rechtsanwalt U.”

Nachdem die Erblasserin … 1996 verstarb, beantragten der Beteiligte zu 5) und Rechtsanwalt U. ein gemeinschaftliches Testamentsvollstreckerzeugnis, hilfsweise dessen Erteilung allein an den Beteiligten zu 5). Das Amtsgericht beschloss am 13. Mai 1997 unter Zurückweisung des Hauptantrages, dass allein dem Beteiligten zu 5) ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen sei, da die durch den Erbvertrag erfolgte Ernennung des Rechtsanwalts U. zum weiteren Testamentsvollstrecker gegen die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments verstoße (7 VI 40/97 AG Bocholt).

Mit Schreiben vom 10. März 1999 beantragte die Beteiligte zu 1) beim Amtsgericht die Einsetzung eines neuen Testamentsvollstreckers mit der Begründung, sie sei vom Beteiligten zu 5) gegenüber den Miterben deutlich benachteiligt worden. Mit Schreiben vom 1. April 1999 erklärte der Beteiligte zu 5), er werde zum 10. April 1999 sein Testamentsvollstreckeramt niederlegen. Er führte aus, dass der Nachlass bis auf ein unbebautes Restgrundstück und Geldbeträge von über 130.000,00 DM verteilt sei. Soweit Einigkeit z...

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