Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflicht, übereinstimmende Erledigungserklärung
Leitsatz (amtlich)
Im Anwaltsprozess bedarf es zur Erfüllung der gesetzlichen Hinweispflicht nicht der expliziten Wiedergabe des Gesetzestextes bzw. Norminhaltes, sondern es reicht aus, dass seitens des Gerichts auf die einschlägige Norm konkret unter Angabe des einschlägigen Absatzes und Satzes hingewiesen wird.
Normenkette
ZPO § 91a Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 6 O 150/13) |
Tenor
In dem Rechtsstreit ... wird die sofortige Beschwerde der Beklagten auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert i.H.v. bis zu 4.500 EUR zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zwar gem. § 91a Abs. 2 S. 1 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, aber in der Sache unbegründet.
Das LG hat zu Recht gem. § 91a ZPO der Beklagten als mutmaßlich unterlegener Partei die Kosten des Rechtsstreits auferlegt; insbesondere es ist zu Recht davon ausgegangen, dass in Bezug auf die Beklagte die Fiktion des § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO greift. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit zunächst auf die zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Nichtabhilfebeschlusses vom 19.9.2013 verwiesen. Der Senat sieht sich lediglich zu folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst:
I. Nach § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO gilt ein Schweigen der beklagten Partei als Zustimmung zur Erledigungserklärung der Klägerseite, wenn der beklagten Partei die schriftsätzlich erfolgte klägerische Erledigungserklärung verbunden mit einem Hinweis auf die gesetzliche Zustimmungsfiktion und die daraus folgende Möglichkeit einer Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 S. 1, 2. HS ZPO bei fehlendem Widerspruch innerhalb der gesetzlich normierten Notfrist von 2 Wochen ab Zustellung des Schriftsatzes samt Hinweises zugestellt wird (vgl. BGH, NJW 2009, 1973).
Mit Schriftsatz vom 21.6.2013 hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache nach Zahlungseingang und unter Beifügung des entsprechenden Abrechnungsschreibens der Beklagten vom 11.6.2013 für erledigt erklärt.
Dieser Schriftsatz, der außer der Erledigungserklärung nur eine knappe Begründung, die sich im Wesentlichen im Hinweis auf das als Anlage beigefügte vorbehaltlose Abrechnungsschreiben und die Mitteilung über den Zahlungseingang erschöpft, enthält, ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagte ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 4.7.2013 zur Stellungnahme binnen 2 Wochen zugestellt worden, und zwar zugleich mit dem Zusatz: "Es wird auf § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO hingewiesen.".
Damit hat das LG die Voraussetzungen des § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO erfüllt: Nach § 172 Abs. 1 ZPO hatte die Zustellung - wie geschehen - an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu erfolgen.
Nach Auffassung des Senats bedarf es im Anwaltsprozess zur Erfüllung einer gesetzlichen Hinweispflicht nicht der expliziten Wiedergabe des Gesetzestextes bzw. des Norminhaltes, sondern es reicht aus, dass seitens des Gerichts auf die einschlägige Norm konkret unter Angabe des einschlägigen Absatzes und Satzes hingewiesen wird, wie es das LG getan hat. Im Anwaltsprozess kann erwartet werden, dass der Rechtsanwalt, wenn er die (hier auch noch "gängige") Norm nicht kennen sollte, sich jedenfalls den Normgehalt ohne besondere Mühe vergegenwärtigen kann und wird. Letzteres gilt insbesondere, wenn ihm zugleich ein inhaltlich überaus überschaubarer Schriftsatz der Gegenseite zugestellt und ihm darüber hinaus noch ausdrücklich eine Schriftsatzfrist von 2 Wochen gesetzt wird.
Das Erfordernis einer Wiedergabe des Gesetzestextes bzw. des Normgehalts zur Erfüllung der gerichtlichen Hinweispflicht im Anwaltsprozess folgt nach Ansicht des Senates auch nicht daraus, dass die Erledigungserklärung i.S.d. § 91a ZPO an sich nicht dem Anwaltszwang i.S.d. § 78 ZPO unterliegt (vgl. hierzu die Nachw. bei Zöller/Vollkommer, ZPO, § 91a Rz. 10), also die Fiktion des § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO auch gegenüber einer nicht anwaltlich vertretenen Partei greifen kann. Letzterem trägt der Gesetzgeber im Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess (vgl. BT-Drucks. 17/10490 und 17/11385) im neuen § 232 ZPO-E zwar auch im Anwaltsprozess durch Normierung einer Ausnahmeregelung i. S. e. Belehrungspflicht in Fällen des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil und des Widerspruchs gegen Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz Rechnung. Gleichzeitig betont er in der Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 17/10490, 12 zu Nr. 3 (§ 232)) aber, dass bei obligatorischer anwaltlicher Vertretung grundsätzlich eine Belehrung durch das Gericht nicht erforderlich sei, weil der Rechtsanwalt gleichermaßen in der Lage sei, eine auf den konkreten Fall zugeschnittene Beratung und Belehrung zu erteilen, was das Schutzbedürfnis der Partei entfallen lasse. Unter Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Wertungen spricht aus Sicht des Senates nichts dagegen, sondern vielmehr alles dafür, im Anwaltsprozess einen gerichtlichen Hinweis auf prozessuale Folgen auf die explizite Benennung d...