Leitsatz (amtlich)
1. Die Verfahrensgebühr für das selbstständige Beweisverfahren gem. KV 1610 GKG wird mit Eingang der Antragsschrift bei Gericht fällig (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GKG).
2. Der weitere Verlauf des Verfahrens vermag hieran nichts mehr zu ändern. Kostenschuldner ist gem. § 22 Abs. 1 S. 1 GKG der Antragsteller des Verfahrens.
3. Eine Nichterhebung von Kosten gem. § 21 GKG scheidet selbst bei einer unrichtigen Sachbehandlung durch das Gericht aus, da diese zeitlich erst nach der Entstehung und Fälligkeit der Gebühr einsetzt und damit für die Entstehung der Kosten nicht ursächlich geworden sein kann.
4. Die Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens können auch nicht niedergeschlagen werden. Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine Maßnahme der Justizverwaltung handelt (§ 123 Abs. 4 JustG NRW), werden hierdurch nur solche Fälle erfasst, in denen feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird oder die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen (§ 123 Abs. 2 JustG NRW).
5. Hieraus folgt, dass es gebührenrechtlich sowohl für die Entstehung der Gebühr wie auch für die Stellung des Kostenschuldners ohne Bedeutung ist, ob eine Erledigungserklärung des Antragstellers als Antragsrücknahme zu werten ist und ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine einseitige Erledigungserklärung im selbstständigen Beweisverfahren überhaupt in Betracht kommt.
6. Diese Frage und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Kostentragungspflicht im Verhältnis zwischen den Parteien sind im selbstständigen Beweisverfahren bzw. später im Hauptsacheverfahren zu klären und nicht im Verfahren betreffend den Gerichtskostenansatz.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 115 OH 4/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 06.11.2019 gegen den Beschluss der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 02.10.2019 wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Erhebung der Verfahrensgebühr KV 1610 Anl. 2 zum GKG für das vorliegende selbständige Beweisverfahren.
Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Darstellung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
In diesem Beschluss hat die Kammer die Beschwerde des Antragstellers für unbegründet erachtet. Mit Einreichung des Antrags werde die Gebühr fällig und bleibe unabhängig vom weiteren Fortgang des Verfahrens und damit auch im Falle einer Antragsrücknahme bestehen. Weder Zustellung des Antrags noch Durchführung einer Beweiserhebung seien für die Entstehung der Gebühr erheblich. Deshalb hat die Kammer es auch dahingestellt sein lassen, ob die unterbliebene Zustellung des Antrags eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 GKG darstellt.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 06.11.2019 Beschwerde eingelegt. Es habe keine Antragsrücknahme vorgelegen, sondern ein erledigendes Ereignis. Es könne nicht sein, dass das Landgericht die Antragsschrift lediglich entgegennehme, aber, obwohl keine Vorschusspflicht bestehe, nicht zustelle und später weglege, dafür dann aber die Verfahrensgebühr berechne. Dieses Vorgehen sei nicht mehr von KV 1610 GKG gedeckt. Im Falle einer Zustellung hätte die Erledigungserklärung vom 05.07.2019 greifen können. Wegen eines Fehlers des Gerichts solle der Antrag nunmehr als zurückgenommen gelten, weshalb über die Kosten nicht mehr im Hauptsacheverfahren mitentschieden werden könne und der Antragsteller bzw. die dahinter stehende Rechtsschutzversicherung die Kosten zu tragen habe. Zur Abwendung dieser unbilligen Kostenfolge sei die Niederschlagung der Gebühr geboten.
In einem weiteren Schriftsatz vom 07.11.2019 regt der Antragsteller die Nachholung der Zustellung der Antragsschrift zum Zweck der Erledigungserklärung an. Er verwahre sich gegen die Fiktion der Antragsrücknahme. Mit Schreiben vom 25.11.2019 beantragt er die Zustellung.
Die Kammer hat der Beschwerde im Beschluss vom 07.11.2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Gebühr sei mit Eingang des Antrags fällig und abzurechnen, unabhängig davon, wie das weitere Verfahren betrieben werde.
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Verfahrensgebühr für das selbständige Beweisverfahren gemäß KV 1610 GKG mit Eingang der Antragsschrift bei Gericht fällig wird (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GKG). Der weitere Verlauf des Verfahrens vermag hieran nichts mehr zu ändern. Kostenschuldner ist gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 GKG der Antragsteller des Verfahrens.
Eine Nichterhebung von Kosten gemäß § 21 GKG scheidet aus. Da die Sachbehandlung durch das Gericht zeitlich erst nach Entstehung und Fälligkeit der Gebühr einsetzt, kann eine etwaige unrichtige Sachbehandlung für die in Rede stehenden Kosten nicht ursächlich gewesen sein, wie es der Tatbestand des § ...