Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsanspruch. Strafgefangener. Gefangenenentlohnung. Leistungszulage. Verweisung. Rechtsweg

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Auskunftsanspruch des Strafgefangenen über die Höhe der von einem privaten Arbeitgeber an die Justizvollzugsanstalt anlässlich Arbeit des Strafgefangenen für diesen gezahlten Vergütung kann nicht aus §§ 185 StVollzG oder 29 VwVfG (analog) hergeleitet werden.

2. Bei Entscheidungen über die Gewährung von Leistungszulagen nach § 2 StVollzVergO sind im Rahmen der Ermessensbetätigung Erwägungen zu den in dieser Vorschrift genannten Bemessungsfaktoren anzustellen

 

Normenkette

StVollzG §§ 185, 43, 200; VwVfG § 29; IFG §§ 4, 6, 8; GVG § 17 a Abs. 5; StVollzVergO § 2

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 101 StVK 2484/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

  • 2.

    Soweit die Strafvollstreckungskammer

    • a)

      den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hinsichtlich eines Auskunftsanspruchs des Betroffenen (Antrag zu Ziff. 1)

      und

    • b)

      den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des Hilfsantrages (Neuberechnung des Lohnes für bestimmte Monate unter Berücksichtigung einer Leistungszulage)

      zurückgewiesen hat, wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zu neuer Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bielefeld zurückverwiesen.

  • 3.

    Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe

I.

Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer verbüßte der Betroffene vom 31.01.2011 bis zur Aussetzung der noch nicht verbüßten Hälfte seiner Strafe zur Bewährung mit Beschluss vom 27.04.2012 eine Haftstrafe von zwei Jahren und 10 Monaten wegen Untreue; zuletzt ab dem 08.03.2011 in der Justizvollzugsanstalt C, Außenstelle F. Bis zur Aussetzung seines Strafrests zur Bewährung war er im Rahmen eines sog. "unechten Freigangs" für zwei verschiedene Firmen in C und Q als von der Justizvollzugsanstalt zugewiesener Hilfsarbeiter im Schichtdienst tätig. Er verlangt die Ausbezahlung der Differenz zwischen der ihm nach § 43 StVollzG gezahlten Vergütung und des von den privaten Arbeitgebern an das Land Nordrhein-Westfalen für seine Arbeit gezahlten Geldes. Dieses Begehren machte er mit Schreiben an den Antragsgegner vom 01.07.2012 geltend. Mit Bescheid vom 20.07.2012, zugegangen am 26.07.2012, lehnte der Antragsgegner den Antrag unter Hinweis auf die §§ 43, 200 StVollzG ab. Auch die Voraussetzungen der Gewährung einer Leistungszulage hätten nicht vorgelegen.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 08.08.2012 hat der Betroffene beantragt, den Leiter der Justizvollzugsanstalt C zu verpflichten,

"

1)

dem Antragsteller Auskunft über das seitens der Justizvollzugsanstalt C-Senne bzw. des Landes Nordrhein-Westfalen von den Firmen F1, A und/oder Dritten für seine bei den für die Firmen F1 Nonfood in C sowie A in Q in den Monaten März 2011 bis einschließlich April 2012 gemäß den beigefügten Lohnscheinen geleistete Arbeit an den dort näher genannten Tagen enthaltene Entgelt, aufgeschlüsselt nach Monaten, zu erteilen,

2)

Gegenüber dem Antragsteller über den sich aus der Auskunft gemäß Ziffer 1) ergebenden Betrag abzüglich an ihn gemäß beigefügter Lohnscheine für März 2011 bis April 2012 ausbezahlter Gesamtnettobezüge exklusive der Vergütung gemäß § 43 Strafvollzugsgesetz (Freistellung) und soweit zulässig unter Abzug eines Haftkostenbeitrags sowie unter Abzug gegebenenfalls anfallender Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, geordnet nach Monaten, abzurechnen.

3)

das sich aufgrund der gemäß Ziffer 2) zu erteilenden Auskunft (Abrechnung) ergebende Guthaben an ihn auszubezahlen zuzüglich eines Verzugszinses von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus dem Guthaben eines jeden Monats ab dem Ersten des Folgemonats.

4)

Dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen aufzuerlegen.

hilfsweise

den Antragsgegner zu verpflichten, den Lohn des Antragstellers von Juni bis August 2011 unter Berücksichtigung einer Leistungszulage in Höhe von 5 %, von September 2011 bis Oktober 2011 unter Berücksichtigung einer Leistungszulage in Höhe von 9 %, von November 2011 bis Dezember 2011 unter Berücksichtigung einer Leistungszulage in Höhe von 15 %, von Januar 2012 bis Februar 2012 unter Berücksichtigung einer Leistungszulage in Höhe von 19 % und von März 2012 bis April 2012 unter Berücksichtigung einer Leistungszulage in Höhe von 25 %, jeweils bezogen auf die Bruttovergütung, neu zu berechnen."

Das Landgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus, dass die Bemessung des Arbeitsentgelts richtigerweise nach §§ 43, 200 StVollzG erfolgt sei. Eine Falschberechnung nach diesen Vorschriften sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Seitens der Justizvollzugsanstalt habe dem Betroffenen eine Hilfsarbeitertätigkeit nach § 37 Abs. 2 StVollzG auch bei einem auswärtigen Arbeitgeber zugewiesen werden dürfen. Ein vorrangiges ...

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