Entscheidungsstichwort (Thema)
angeordnete oder vorbehaltene Sicherungsverwahrung. Gerichtliche Kontrolle des Angebots einer Betreuung durch die Vollzugsbehörde. Vornahme der erforderlichen Aufklärung und Sachentscheidung durch das Beschwerdegericht. Überprüfungsfrist. Sachentscheidungsvoraussetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat hält daran fest, dass das Beschwerdegericht die erforderliche Aufklärung selbst vornehmen und in der Sache entscheiden kann, wenn der angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer im Verfahren nach § 119a Abs. 1, 3 StVollzG wesentliche Teile des Zweijahreszeitraums gemäß § 119a Abs. 3 StVollzG nicht abgedeckt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.08.2015, III-1 Vollz(Ws) 175/15). Dies setzt jedoch in der Regel voraus, dass die gesetzlich normierte Zweijahresfrist als Sachentscheidungsvoraussetzung zumindest im Zeitpunkt des Einganges der Sache beim Beschwerdegericht bereits abgelaufen ist.
2. Durch Zuwarten des Senats auf den Ablauf der Zweijahresfrist des § 119a Abs. 3 S. 1 StVollzG würde eine der landgerichtlichen Beurteilung obliegende Entscheidung abweichend von der gesetzlichen Regelung des Instanzenzuges bewusst von vornherein in die Beschwerdeinstanz verlagert.
Normenkette
StVollzG § 119a Abs. 1, § 120 Abs. 1; StPO § 309; StVollzG § 119a Abs. 3 S. 1; StPO § 308 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 1 StVK 51/14) |
Tenor
- Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.
- Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. Die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen werden zur Hälfte der Landeskasse auferlegt (§ 120 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO).
Gründe
I.
Der Betroffene wurde durch Urteil des Landgerichts Essen vom 19.07.2013 - unter Freispruch im Übrigen - wegen schwerer sexueller Nötigung und Besitzes jugendpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde gegen ihn die Maßregel der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der Betroffene befand sich seit dem 17.08.2012 für dieses Verfahren bis zum Tag des Eintritts der Rechtskraft am 29.01.2014 in Untersuchungshaft und verbüßt seither Strafhaft.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer festgestellt, dass die Vollzugsbehörde dem Betroffenen im zurückliegenden Zeitraum eine Betreuung angeboten hat, die § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 des StGB entspricht, und die Prüfungsfrist für die nächste Überprüfung auf drei Jahre verlängert. Sie hat dabei ausweislich des Beweisbeschlusses vom 01.12.2014 den Beginn des Prüfungszeitraums mit dem 01.06.2013 angesetzt.
Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Beschwerde. Er begehrt die Feststellung, dass die Betreuung in dem vergangenen Zeitraum nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach.
Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat Bedenken hinsichtlich der Auffassung der Strafvollstreckungskammer geäußert, dass die zu Beginn der Strafhaft hinsichtlich des Betreuungsangebots im Sinne des § 66 c Abs. 1 Nr. 1 StGB eingetretene Verzögerung wegen des fehlenden Mitwirkungswillens des Verurteilten nicht zu der Feststellung führe, dass dieses Betreuungsangebot unzureichend gewesen sei.
II.
Die Beschwerde des Betroffenen hat in dem aus dem Tenor erkennbaren Umfang Erfolg, im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Der angefochtene Beschluss war aufzuheben, weil - auch im Beschwerdeverfahren - die Sachentscheidungsvoraussetzungen für eine Feststellungsentscheidung nach § 119a Abs. 1 StVollzG fehlen. Eine solche Entscheidung ergeht entweder von Amts wegen alle zwei Jahre nach Beginn der Strafvollstreckung (§ 119a Abs. 3 S. 1 und 3 StVollzG) oder auf Antrag der Vollzugsbehörde. Ein Antrag der Vollzugsbehörde liegt hier nicht vor. Auch war und ist die Frist für eine Überprüfung von Amts wegen nicht abgelaufen. Die Frist beginnt für die - wie hier - erstmalige Überprüfung mit dem Beginn des Vollzugs der Freiheitsstrafe (§ 119a Abs. 3 S. 3 StVollzG). Dieser Vollzugsbeginn richtet sich nach den Vorgaben der StVollstrO (vgl. Bachmann in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl., Abschn. P Rdn. 123). § 38 Nr. 3 StVollstrO bestimmt, dass bei einer verurteilten Person, die sich zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft in Untersuchungshaft befindet, dieser Zeitpunkt als Beginn der Strafvollstreckung anzusetzen ist. Demnach begann der zweijährige Überprüfungszeitraum hier erst am 29.01.2014 und ist somit gegenwärtig noch nicht abgelaufen.
Die Übergangsvorschrift des § 316f Abs. 3 S. 2 EGStGB, nach der die erste Überprüfungsfrist am 01.06.2013 beginnt, ist nicht einschlägig, da diese voraussetzt, dass die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird. Am 01.06.2013 wurde aber gegen den Betroffenen keine Freiheitsstrafe vollzogen, sondern Untersuchungshaft.
Der Senat sieht auch keinen Anlass, die R...