Leitsatz (amtlich)
Im Sorgerechtsverfahren um die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge ist i.d.R. dem Antragsteller dann ein Rechtsanwalt im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe beizuordnen, wenn der Gegner dem Sorgerechtsantrag widerspricht.
Normenkette
ZPO § 121
Verfahrensgang
AG Bottrop (Aktenzeichen 7 F 197/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 17.12.2002 wird der Beschluss des AG Beckum vom 10.12.2002 teilweise abgeändert. Der Antragstellerin wird im Rahmen der ihr bewilligten Prozesskostenhilfe ab Antragstellung Rechtsanwältin A. beigeordnet.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Antragstellerin – Mutter des betroffenen Kindes und geschiedene Ehefrau des in Russland lebenden Antragsgegners – ist ebenso wie das Kind deutsche Staatsangehörige, der Antragsgegner hat dagegen die russische Staatsangehörigkeit. In dem zugrunde liegenden Sorgerechtsverfahren hat die Antragstellerin die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf sich beantragt. Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten.
Mit ihrer Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat, wendet sich die Antragstellerin gegen die Versagung der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der ihr bewilligten Prozesskostenhilfe. Diese hat das AG mit dem Hinweis begründet, eine anwaltliche Vertretung sei im Sorgerechtsverfahren nicht erforderlich (gewesen).
II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Das AG hat die Beiordnung eines Anwalts zu Unrecht abgelehnt.
Allerdings folgt der Senat im Ausgangspunkt mit dem AG der in Rechtsprechung und Schrifttum weit verbreiteten Auffassung (vgl. nur OLG Köln v. 6.5.1997 – 25 WF 82/97, FamRZ 1997, 1543; OLG Frankfurt v. 19.2.1996 – 1 WF 5/96, OLGReport Frankfurt 1996, 141 f.; OLG Nürnberg v. 17.2.1994 – 7 WF 358/94, FamRZ 1995, 371; OLG Hamm v. 28.2.1992 – 10 WF 9/92, FamRZ 1992, 1447; OLG Zweibrücken v. 26.6.1985 – 2 WF 69/85, FamRZ 1985, 1068; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 121 Rz. 47 a.E.; z.T. abw. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 121 Rz. 4 ff., 11 m.w.N.), dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen der Grundsatz der Amtsermittlung gilt (§ 12 FGG), die Vorschrift des § 121 Abs. 2, 2. Halbs. ZPO – über § 14 FGG – nur eingeschränkte Anwendung findet. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kann dementsprechend in isolierten Umgangs- und Sorgerechtsverfahren im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur erfolgen, wenn der Gegner dem Antrag entgegentritt oder aus sonstigen Gründen wegen in der Sache liegender rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten eine anwaltliche Unterstützung erforderlich erscheint.
Anders als das AG sieht der Senat diese Voraussetzungen im Streitfall aber als gegeben an. Zwar hat sich die Antragstellerin – worauf das AG grundsätzlich zutreffend hinweist – durchaus in der Lage gesehen, ihren verfahrenseinleitenden Sorgerechtsantrag ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zu stellen und auch den Anhörungstermin vor dem AG noch allein wahrzunehmen. Durch den mit Schreiben vom 10.10.2002 geäußerten Widerspruch des Antragsgegners hat sich anschließend jedoch eine neue Sachlage ergeben. (Spätestens) Hierdurch wurde deutlich, dass die Kindeseltern hinsichtlich des Sorgerechts gegenläufige Anträge und nicht etwa dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen. Angesichts dessen stellte sich die Sachlage – zumal vor dem Hintergrund des zusätzlich zu beachtenden Auslandsbezugs – nicht so einfach und problemlos dar, dass eine anwaltliche Vertretung der Antragstellerin entbehrlich erscheint. Unerheblich ist insoweit, dass das AG durch weiteren Beschluss vom 10.12.2002 dem Sorgerechtsantrag der Antragstellerin ungeachtet des geäußerten Widerspruchs des Antragsgegners entsprochen hat. Ähnlich wie bei der Prüfung der Erfolgsaussichten nach § 114 ZPO ist allein maßgebend, ob die Erforderlichkeit nach § 121 Abs. 2 S. 1 ZPO im Zeitpunkt der Entscheidungsreife gegeben war. Abzustellen ist daher insoweit auf den Zeitpunkt der Antragstellung mit Schriftsatz vom 15.11.2002 am 20.11.2002.
Zumdick Dr. Köhler Jellentrup
Fundstellen
Haufe-Index 1106258 |
EzFamR aktuell 2003, 174 |
MDR 2003, 957 |
OLGR Hamm 2003, 174 |
FamRB 2003, 249 |
JAmt 2004, 391 |
NJOZ 2003, 1237 |