Verfahrensgang
LG Hagen (Entscheidung vom 07.02.2013) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 08.01.2013 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 28.12.2012 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.02.2013 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Verurteilten bzw. seines Verteidigers beschlossen:
1.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
2.
Das Befangenheitsgesuch des Verurteilten vom 13.12.2012 ist begründet.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Verurteilten werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
I.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen hat mit Beschluss vom 12.01.2011 die Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 20.11.2006 (44 KLs 612 Js 107/06), der Restjugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Schwelm vom 14.10.2004 (57 Ls 512 Js 654/03 (21/04)) und der Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Schwelm vom 03.03.2006 (51 Ds 872 Js 759/05 (63/05) zur Bewährung ausgesetzt. Am 17.01.2012 wurde der Verurteilte durch das Amtsgericht Hagen (90 Ds 872 Js 697/11 (451/11)) wegen - vor Beginn der Bewährungszeit begangenen - Betruges u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Aufgrund dieser Verurteilung hat der Einzelrichter der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen den Verurteilten am 05.03.2012 in den Bewährungs- und Führungsaufsichtssachen 61 StVK 687, 863 und 864/10 angeschrieben und darauf hingewiesen, es werde "wegen der neuen Verurteilung in den bereits laufenden Bewährungssachen keine Verlängerung der Bewährungszeit geben, da diese noch bis Januar 2014" andauere. Der Verurteilte könne "aber absolut sicher sein, dass eine "nächste Straftat in der Bewährungszeit zum Widerruf der Strafaussetzung führen wird, und zwar auch dann, wenn [...] in der nächsten Verurteilung wieder eine Bewährung gegeben werden sollte".
Aufgrund einer neuerlichen Verurteilung vom 20.08.2012 durch das Amtsgericht Dortmund (761 Ls 183 Js 304/12 (51/12)) hat der Einzelrichter der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen den Verurteilten zu sämtlichen Bewährungssachen mit Schreiben vom 21.11.2012 schriftlich angehört. Hierbei hat er darauf hingewiesen, dass dem Verurteilten schon mit Schreiben vom 05.03.2012 angekündigt worden sei, "dass die nächste Straftat in der Bewährungszeit zum Widerruf der Strafaussetzung führen wird, auch wenn die Verurteilung deswegen wieder auf "Bewährung" lauten sollte". Das Schreiben vom 21.11.2012 ist dem Verurteilten am 23,11.2012 zugestellt worden. Hierauf meldete sich mit Schriftsatz vom 27.11.2012 der Verteidiger für den Verurteilten. Nach Gewährung von Akteneinsicht am 30.11.2012 hat der Verurteilte mit am 13.12.2012 bei dem Landgericht Hagen eingegangenem Telefaxschreiben seines Verteidigers vom selben Tage den Einzelrichter der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und dieses damit begründet, dass der abgelehnte Richter bereits in dem Schreiben vom 21.11.2012 ohne jeden Zweifel zu verstehen gegeben habe, dass er allein aufgrund einer neuen Verurteilung die bestehenden Strafaussetzungen zur Bewährung widerrufen werde. Der Verurteilte ist der Ansicht, der abgelehnte Richter lasse durch das Schreiben vorn 21.11.2012 seine Absicht erkennen, die bestehenden Strafaussetzungen zur Bewährung zu widerrufen, ohne sich mit den Erwägungen des Amtsgerichts Dortmund, welche zur Aussetzung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung geführt haben, sowie einer etwaigen eigenen Stellungnahme des Verurteilten auseinanderzusetzen. Wenn das Tatgericht eine günstige Sozialprognose gestellt habe, sei hingegen eine besonders sorgfältige Prüfung angezeigt, ob eine bestehende Strafaussetzung zu widerrufen sei. Aufgrund des Schreibens vom 21.11.2012 bestehe jedoch die Besorgnis, der abgelehnte Richter habe sich hinsichtlich der zu treffenden Entscheidung ohne jede Abwägung oder Berücksichtigung der aktuellen Lebenssituation des Verurteilten allein aufgrund seiner inhaltlich willkürlichen Ankündigung bereits festgelegt.
Der abgelehnte Richter hat sich selbst in seiner dienstlichen Äußerung vom 17.12.2012 für nicht befangen erklärt. Er weist u. a. darauf hin, das Gericht habe mit seinen an den Probanden gerichteten Warnungen und Androhungen, insbesondere auch mit dem im Schreiben vom 21.11.2012 teilweise wiedergegebenen Schreiben vom 05.03.2012, pädagogische Absichten verfolgt, um weitere Straftaten möglichst zu verhindern. Die der Verurteilung durch das Amtsgericht Dortmund zugrunde liegende Straftat habe den Widerruf der Strafaussetzungen indiziert, gleichwohl bliebe abzuwarten, ob der Verurteilte im Anhörungsverfahren eine Kontraindikation da...