Leitsatz (amtlich)
Ein gesetzliches Gebot oder Verbot ist als Schutzgesetz nur geeignet, soweit das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klargestellt und bestimmt ist (BGHZ 40, 306).
Eine solche Konkretisierung lässt sich, soweit es um die allgemeinen Auswirkungen der Verletzung der Buchführungspflicht auf die Gläubigerinteressen geht, in den Fällen der §§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB nicht bejahen.
Normenkette
StGB § 283 Abs. 1 Nrn. 6-7; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 283 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 4 O 552/12) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich; die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 4 ZPO.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer der K GmbH Ansprüche aus 31 Lieferungen von Baustoffen geltend, die die Klägerin im Rahmen einer bestehenden Geschäftsbeziehung zur K GmbH im Zeitraum vom 30.09. - 16.11.2010 erbracht hat. Über das Vermögen der K GmbH ist auf deren Antrag vom 10.1.2011 hin am 24.2.2011 das Insolvenzverfahren unter dem Aktenzeichen 10 IN 4/11 AG Arnsberg eröffnet worden. Gegen den dem Beklagten im Verfahren 312 Js 232/11 Staatsanwaltschaft Arnsberg wegen vorsätzlicher verspäteter Insolvenzantragstellung nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO und wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Ziff. 7b StGB ergangenen Strafbefehl vom 13.2.2012 hat der Beklagte Einspruch eingelegt. Den Vorwurf der Insolvenzverschleppung hat das AG gem. § 154 StPO eingestellt und den Beklagten sodann durch gem. § 267 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 abgekürztes rechtskräftiges Urteil unter Bezugnahme auf den Strafbefehl wegen Bankrotts gem. § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt.
Die Klägerin hat unter Hinweis auf die Angaben im Strafbefehl behauptet, die K GmbH sei seit dem 1.1.2009 überschuldet und seit dem 1.7.2010 zahlungsunfähig gewesen. Da der Beklagte gleichwohl Baustoffe bestellt habe, habe er über die Zahlungsfähigkeit der K GmbH getäuscht und sich eines Eingehungsbetruges schuldig gemacht. Die Inanspruchnahme des Beklagten sei zudem gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 283 Abs. 1 Nr. 7b bzw. § 15a InsO begründet. Die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung seien durch die Bezugnahme auf den Strafbefehl im strafgerichtlichen Urteil festgestellt.
Durch das angefochtene Urteil, auf das, soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, gem. § 540 ZPO verwiesen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es mit näherer Begründung ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass dem Beklagten die - unterstellte - Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft bewusst gewesen sei und er zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass der Gesellschaft der Ausgleich der Rechnungen nicht möglich sein würde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese unter Wiederholung ihres Vortrages ihren erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrag weiter verfolgt.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 50.774,02 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.11.2012, sowie ausgerechnete Zinsen vom 29.11.2010 bis zum 11.11.2012 i.H.v. 7.819,17 EUR zu zahlen,
Der Beklagte hat bislang nicht zur Sache Stellung genommen.
Die Akten 312 Js 232/11 Staatsanwaltschaft Arnsberg lagen vor.
II. Die Berufung der Klägerin ist nach dem einstimmigen Votum im Senat unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Klägerin hat weder einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO noch einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB schlüssig dargelegt. Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB stützt, scheidet ein solcher aus Rechtsgründen aus.
1. Die Klägerin hat einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO wegen verspäteter Insolvenzantragstellung durch den Beklagten nicht schlüssig dargelegt.
Wird eine juristische Person zahlungsunfähig (§ 17 InsO) oder ist sie überschuldet (§ 19 InsO), haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen, § 15a Abs. 1 InsO. Die Vorschrift stellt nach allgemeiner Auffassung ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Gesellschaftsgläubiger dar (vgl. für die Vorgängerregelung des § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG BGHZ 126, 181 TZ 22). Das Verbot der Insolvenzverschleppung dient nicht nur der Erhaltung des Gesellschaftsverm...