Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen der Darlegung der Überschuldung iSd § 19 InsO und der Zahlungsunfähigkeit iSd § 17 InsO durch den darlegungs- und beweispflichtigen Anspruchsteller.
2, Zur substantiierten Darlegung von negativem Interesse und entgangenem Gewinn als Folge einer Insolvenzverschleppung.
3. Die Darlegungslast des Geschädigten wird hinsichtlich des entstandenen Schadens durch die Vorschriften der §§ 252 und 287 ZPO erleichtert, berechtigt das Gericht aber nicht ohne Weiteres zu einer Schätzung nach § 287 ZPO, da diese Norm nicht dazu dient, die darlegungs- und beweispflichtige Partei zu entlasten.
Normenkette
BGB §§ 252, 823 Abs. 2; InsO § 15a Abs. 1 Sätze 1-2, § 17 Abs. 2, § 19 Abs. 1 S. 1; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 8 O 409/16) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Die Klägerin nimmt den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer der Firma C GmbH in Anspruch, über deren Vermögen am 01.11.2013 nach vorangegangenem Eigenantrag der Schuldnerin vom 12.09.2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Klägerin stellte der Schuldnerin für im Zeitraum 09.01.2013 bis 12.08.2013 ausgeführte Waren- und Dienstleistungen sowie sonstige Forderungen insgesamt 270.987,54 EUR in Rechnung. Zahlungen erfolgten nicht. Mit vorliegender Klage nimmt die Klägerin den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer persönlich in Anspruch mit der Begründung, aus dem Bericht des Insolvenzverwalters Dr. X zur ersten Gläubigerversammlung vom 23.01.2014 ergebe sich, dass die Schuldnerin bereits sehr viel früher als im September 2013 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen sei, so dass der Beklagte bereits im Januar 2013 den Insolvenzantrag hätte stellen müssen.
Bereits mit Verfügung vom 09.05.2017 hat das Landgericht die Klägerin unter Hinweis auf hierzu ergangene BGH Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass ein Insolvenzgrund für den Zeitpunkt Januar 2013 nicht dargelegt sei. Auch sei der geltend gemachte Schaden bislang nicht schlüssig dargelegt, da nicht zwischen dem negativen Interesse und dem Gewinnanteil unterschieden werde. Im Termin vom 29.08.2017 wiederholte und begründete das Landgericht erneut seine Auffassung, dass und warum auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrags der Klägerin die Schlüssigkeitsbedenken nicht ausgeräumt seien. Eine Stellungnahmefrist beantragte die Klägerin nicht.
Mit am 29.08.2017 verkündeten Urteil, auf das gem. § 540 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch sei nicht schlüssig, weil die Klägerin trotz entsprechenden Hinweises zur Insolvenzreife der Schuldnerin im Januar 2013 nicht schlüssig vorgetragen habe und auch der geltend gemachte Schaden nicht substantiiert dargelegt worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlich gestellten Klageantrag weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie aus:
Aus den überreichten Unterlagen ergebe sich, dass die Schuldnerin verspätet Insolvenzantrag gestellt habe. Die Kreditlinie bei der D-Bank sei seit Januar 2013 durchgehend ausgeschöpft gewesen. Aus dem Bericht des Dr. X ergebe sich, dass nach dessen Einschätzung die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sehr viel eher eingetreten sei als im September 2013 (Bl. 10 des Berichts = Bl.134 GA). Nach dessen Feststellungen sei die Schuldnerin bereits im Januar 2013 zahlungsunfähig gewesen, so dass für die Geschäftsleitung bereits ab diesem Moment die Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung bestanden habe (Bl. 21 des Berichts = Bl. 145 GA). Den angebotenen Beweisen hätte daher nachgegangen werden müssen.
Den ihr entgangenen Gewinn habe sie entgegen den Ausführungen des Landgerichts sehr wohl schlüssig dargelegt. Die der Schuldnerin gelieferten Waren seien in Anlage K 2 bezeichnet und von der Schuldnerin verbraucht worden.
1. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO hat der Geschäftsführer einer GmbH im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Verletzt der Geschäftsführer diese Pflicht, so haftet er den Gläubigern der Gesellschaft auf Ersatz des Schadens, der diesen infolge der verspäteten Antragstellung entstanden ist. Die Vorschrift stellt ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 64 GmbHG nach allgemeiner Auffassung ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Gesellschaftsgläubiger dar (BGHZ 126, 181 TZ 22 für das GmbHG und BGH U. v. 21.10.2014 - II ZR 113/13 -, juris für die InsO).
Geschützt werden neben den Altgläubigern, also solc...