Entscheidungsstichwort (Thema)

Spielekonsole. Unterhaltungselektronik. Gefährdung der Sicherheit und Ordnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die "Erlasslage" des Ministeriums der Justiz als reine Verwaltungsvorschrift ist für die Frage, ob Gegenstände der Unterhaltungselektronik im Sinne des § 52 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 15 Abs. 2 S. 3 StVollzG NRW (als einzigem vorliegend ernsthaft in Betracht kommenden Ablehnungsgrund) die Sicherheit und/oder Ordnung in der Anstalt gefährden, ohne Belang.

Maßgeblich sind allein die tatsächlichen (vornehmlich technischen) Gegebenheiten, wobei zu den daraus resultierenden Schlussfolgerungen für eine Beeinträchtigung der Sicherheit und/oder Ordnung der Vollzugsanstalt ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist.

2. Im Fall der beabsichtigten Nutzung einer Spielekonsole bedarf es angesichts deren nur begrenzten technischen Missbrauchsmöglichkeiten einer gesonderten Begründung, welche bei Nutzung zu besorgenden Gefahren aus welchen konkreten äußeren Umständen (oder gegebenenfalls der Person des Betroffenen) resultieren.

 

Normenkette

StVollzG §§ 109 ff.; StVollzG NRW § 15 Abs. 2 S. 3; StVollzG NRW § 52 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 161 StVK 2/20)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, ebenso die Entschließung der JVA Geldern betreffend die Ablehnung des Antrages des Betroffenen auf Genehmigung der Nutzung einer "A Spielekonsole01". Die JVA Geldern wird verpflichtet, den Betroffenen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen hat die Landeskasse zu tragen.

 

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve den Antrag des Betroffenen auf Gestattung der Nutzung einer Spielekonsole "Spielekonsole01" als unbegründet zurückgewiesen, welche ihm seitens der JVA mit der Begründung verweigert worden war, dass diese nach der geltenden Erlasslage des Ministeriums der Justiz nicht zulassungsfähig sei. Die Strafvollstreckungskammer hat ausgeführt, die JVA habe das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt und zutreffend auf eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt abgestellt. Dabei sei in den Blick genommen worden, "dass anderenfalls ... Daten mit unerlaubtem oder vollzugswidrigen Inhalt auf einem solchen Gerät - gegebenenfalls durch Manipulation der (durch Verplombung gesicherten) Hard- und/oder Software auch durch andere Gefangene z.B. im Rahmen des nicht überwachten Umschlusses - gespeichert und letztlich allen anderen Gefangenen zugänglich gemacht werden können". Hierbei sei auch in den Blick zu nehmen, dass dem Betroffenen der Besitz einer (umgebauten) "A Spielekonsole02" bereits genehmigt worden sei.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitige Rechtsbeschwerde des Betroffenen, welche das Ministerium der Justiz mangels Zulassungsgrundes für unzulässig erachtet. Einer Anhörung des Betroffenen zur Stellungnahme des Ministeriums der Justiz bedurfte es angesichts der für ihn günstigen Entscheidung nicht.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen, da die Strafvollstreckungskammer auf die konkrete Fallgestaltung bezogen den Prüfungsmaßstab hinsichtlich einer Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt im Sinne der §§ 52 Abs. 1 S. 2, 15 Abs. 2 S. 3 StVollzG NRW verkannt hat und zu besorgen ist, dass sich dieser Fehler auch in weiteren Entscheidungen fortsetzen könnte.

Insoweit ist zunächst vorab zu bemerken, dass die seitens der JVA herangezogene und auch seitens der Strafvollstreckungskammer zur Ablehnung der Begründung des Begehrens des Betroffenen als hinreichend erachtete "Erlasslage" des Ministeriums der Justiz als reine Verwaltungsvorschrift für die Frage, ob Gegenstände der Unterhaltungselektronik im Sinne des § 52 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 15 Abs. 2 S. 3 StVollzG NRW (als einzigem vorliegend ernsthaft in Betracht kommenden Ablehnungsgrund) die Sicherheit und/oder Ordnung in der Anstalt gefährden, ohne Belang ist.

Letztlich sind hierzu allein die tatsächlichen (vornehmlich technischen) Gegebenheiten maßgeblich, wobei zu den daraus resultierenden Schlussfolgerungen für eine Beeinträchtigung der Sicherheit und/oder Ordnung der Vollzugsanstalt ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist.

Soweit die Strafvollstreckungskammer über die im angefochtenen Beschluss als alleiniger Ablehnungsgrund der JVA wiedergegebene "Erlasslage" hinaus - offenbar im Rahmen eigener ergänzender Erwägungen - ergänzend erläutert hat, dass der Nichtzulassung der "Spielekonsole01" die gegebene Möglichkeit der Speicherung unerlaubter oder vollzugswidriger Inhalte zugrunde liege, findet diese Annahme in dem mitgeteilten Sachverhalt keine hinreichende Rechtfertigung.

Der Senat hat in einem ebenfalls die begehrte Nutzung einer "Spielekonsole01" betreffenden Fall mit Beschluss vom 22. Mai 2018, III-1 V...

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