Leitsatz (amtlich)
Zur Umgrenzungsfunktion der Anklage in einem Verfahren, in dem dem Angeklagten mehrere Hehlereitaten vorgeworfen werden.
Tenor
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Bochum hat am 15. Oktober 1999 gegen den Angeklagten vor dem Amtsgericht Bochum Anklage erhoben. Die Anklageschrift, die vom Jugendrichter am Amtsgericht Bochum durch Beschluss vom 1. Dezember 1999 uneingeschränkt zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, wies hinsichtlich des Angeklagten folgenden Inhalt auf:
" Der Industriekaufmann D. M. , . . .
wird angeklagt
in Bochum in der Zeit von Mitte 1995 bis Mitte 1997 durch 5 selbständige Handlungen jeweils eine Sache, die ein anderer gestohlen hat, angekauft zu haben, um sich zu bereichern.
Den Angeschuldigten wird folgendes zur Last gelegt:
III.
Der Angeschuldigte T. entwendete von Mitte 1995 bis Mitte 1997 als Servicetechniker der Firma Nokia in Bochum mindestens 20 Handys der Marke Nokia und erzielte durch deren Weiterverkauf an Dritte jeweils einen Erlös zwischen 100, - DM und 350, - DM. )
IV.
In mindestens 5 Fällen wurden die Handys von dem Angeschuldigten M. in Kenntnis ihrer Herkunft erworben. "
Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 20. Dezember 1999 unter Freisprechung im Übrigen wegen Hehlerei in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 100, - DM verurteilt. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landgericht Bochum durch das angefochtene Urteil verworfen.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte in einem Zeitraum vom 30. April 1997 bis Mitte 1997 in mindestens drei Fällen Mobiltelefone der Marke Nokia von dem zunächst mitangeklagten und späteren Zeugen T. für 150, - DM erworben, die dieser zuvor von seinem Arbeitsplatz bei der Firma Nokia entwendete. Bei den Ankäufen rechnete der Angeklagte zumindest damit, dass der Zeuge die Telefone aus einer gegen das Vermögen der Firma gerichteten Straftat erlangt hatte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Der Angeklagte macht insbesondere geltend, dass die Anklageschrift nicht den Anforderungen des § 200 StPO entspreche. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in der Hauptverhandlung beantragt, die Revision des Angeklagten zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1.
Ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis liegt - entgegen der Auffassung der Revision - nicht vor. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bochum vom 15. Oktober 1999 entspricht noch den nach § 200 StPO an eine ordnungsgemäße Anklageschrift zu stellenden Anforderungen.
Die Anklageschrift hat in prozessualer Hinsicht eine doppelte Bedeutung. Einerseits soll sie den Prozessgegenstand bestimmen, sog. Umgrenzungsfunktion, andererseits soll sie darüber hinaus dem Gericht und dem Angeklagten die für die Durchführung des Verfahrens und für die Verteidigung notwendigen Informationen vermitteln, sog. Informationsfunktion. Mängel der Anklageschrift hinsichtlich dieser Funktionen haben aufgrund der verschiedenen Aufgaben unterschiedliche Folgen. Während die die Informationsfunktion betreffenden Schwächen in der Regel noch im Hauptverfahren zu heilen sind, haben Defizite hinsichtlich der Umgrenzungsfunktion die Unwirksamkeit der Anklage zur Folge, so dass die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen ist und später ggf. das Verfahren einzustellen wäre ( BGHSt 40, 391, 392; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl. , 1999, § 200 Rn. 25 m. w. N. ; zu allem auch Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 2. Aufl. , 1999, Rn. 107 ff. ).
Um insbesondere der Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, hat die Anklageschrift die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen , dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartig gelagerten strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen (vgl. BGHSt 40, 44 ff; OLG Düsseldorf JMBl. NW 1995, 237; Urteil des Senats vom 22. November 2000 - 2 Ss 908/2000 - ZAP EN-Nr. 59/2001 = http: //www. burhoff. de ). Es muss klar sein, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll (BGH NStZ 1999, 553). Nur wenn die Bestimmung des Prozessgegenstandes anhand der Anklageschrift nicht möglich ist, ist die Anklageschrift und ein auf ihr beruhender Eröffnungsbeschluss unwirksam ( vgl. BGH NStZ 1995, 245 ).
Mit welchen näheren Tatsachen eine Tat in ausreichendem Maß genügend gekennzeichnet ist, lässt sich allerdings nicht allgemein sagen (BGH NStZ 1984, 469). Die Anforderungen an die Konkretisierung des Tatvorwurfs sind umso stärker, desto größer die allgemeine Möglichkeit besteht, dass der Angeklagte andere verwechselbare weitere Straftaten gleicher Art verübt hat (BGHSt 10, 137, 140). Übertriebene Anforderungen an die Konkretisierung dürfen dabe...