Verfahrensgang
AG Schwelm (Entscheidung vom 11.01.2018; Aktenzeichen 60 OWi 464 Js 1218/17 503/17) |
Tenor
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des
Betroffenen als unzulässig verworfen.
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Schwelm zurückverwiesen.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Schwelm hat den Betroffenen mit Urteil vom 11. Januar 2018 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 600,00 € verurteilt sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet.
Gegen dieses in Abwesenheit des Betroffenen und in Anwesenheit seines Verteidigers verkündete, dem Betroffenen am 19. Januar 2018 zugestellte Urteil, hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 25. Januar 2018, per Fax am selben Tag beim Amtsgericht Schwelm eingegangen, Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Verletzung materiellen Rechts begründet. Er hat gleichzeitig beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde zu gewähren. Mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 18. Februar 2018, per Fax beim Amtsgericht Schwelm am selben Tag eingegangen, hat er die Rechtsbeschwerde mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts näher begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Antragsschrift vom 6. April 2018 beantragt wie erkannt.
II.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde ist mangels Fristversäumung unzulässig.
Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, rechtzeitig eingelegte und form- und fristgerecht begründete Rechtsbeschwerde hat den aus dem Tenor ersichtlichen (vorläufigen) Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift hierzu Folgendes ausgeführt:
"Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Denn das Urteil ist in Abwesenheit des Betroffenen verkündet worden. Zwar hat der Verteidiger ausweislich seiner Beschwerdebegründung eine besondere Vertretungsvollmacht i.S.d.
§ 73 Abs. 3 OWiG vorgelegt (Bl. 141 d.A.). Dies offenbar aber erst im Zusammenhang mit dem Aussetzungsantrag, mithin zu spät, denn die Vollmacht muss dem Gericht schon bei Beginn der Hauptverhandlung vorliegen (zu vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage, § 234 Rdnr. 5). Somit hat die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 4 OWiG erst mit Zustellung des Urteils an den Betroffenen am 19.01.2018 zu laufen begonnen. Die am 25.01.2018 eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist daher zulässig, sodass die seitens des Betroffenen beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht erforderlich ist. Der Antrag ist daher, da keine Frist versäumt worden ist, als unzulässig zurückzuweisen (zu vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 44 Rdnr. 2).
Der Rechtsbeschwerde ist ein - zumindest vorläufiger - (Teil-)Erfolg in der Sache nicht zu versagen.
a)
Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten "Verfahrensrügen" sind bereits unzulässig, da sie nicht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügen.
Nach dieser Vorschrift müssen Verfahrenstatsachen so vollständig und genau angegeben werden, dass das Beschwerdegericht allein an Hand der Beschwerdebegründung in die Lage versetzt wird, darüber - unter der Voraussetzung der Erweisbarkeit - endgültig zu entscheiden. Dabei muss der Beschwerdevortrag zutreffend und grundsätzlich aus sich heraus so verständlich sein, dass das Beschwerdegericht ohne weiteres daran anknüpfen kann. Für den Beschwerdevortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind insoweit durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen zum Bestandteil der Beschwerdebegründung zu machen und, soweit erforderlich, zu bezeichnen. Hingegen reicht es nicht aus, weite Teile der Sitzungsniederschrift wörtlich mitzuteilen, ohne genau anzugeben, welche Verfahrensvorgänge den behaupteten Mangel ergeben sollen. So können auch umfangreiche Materialien nicht einfach dadurch in die Beschwerderechtfertigung eingeführt werden, dass der Beschwerdeführer sie als Anlagen beifügt. Denn es kann nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts sein, den Beschwerdevortrag jeweils "an passender Stelle" zu ergänzen (Gericke in: Karlsruher Kommentar StPO, 7. Auflage, § 344 Rdnr. 38, 39 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen der Rechtsbeschwerdebegründung nicht. So werden insbesondere weite Teile des Verfahrensablaufs im Sinne einer "Gesamtrüge" dargestellt, wobei in "Einschüben" an einigen Stellen rechtliche Bewertu...