Leitsatz (amtlich)

Zur ordnungsgemäßen Begründung der Inbegriffsrüge.

 

Verfahrensgang

AG Schwelm (Entscheidung vom 11.01.2016)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgericht Schwelm vom 11.01.2016 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts- Hamm am 15.04.2016 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gern. § 80 a Abs. 1 OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. dessen Verteidigers beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an. das Amtsgericht Schwelm zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Schwelm hat den Betroffenen mit Urteil vom 11.01.2016 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 73 km/h - außerorts, nach Abzug der Toleranzen - zu einer Geldbuße von 1.500,00 EUR verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt.

Gegen dieses in Anwesenheit des Betroffenen verkündete und dem Verurteilten auf Anordnung der Vorsitzenden am 30.01.2016 zugestellte Urteil hat der Betroffene mit bei dem Amtsgericht Schwelm am 14.01.2016 eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom selben Tag Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit bei dem Amtsgericht Schwelm am 24.02.2016 eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom 23.02.2016 mit der näher ausgeführten Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG statthafte, rechtzeitig in der Wochenfrist nach § 79 Abs. 4 OWiG eingelegte und innerhalb der Frist nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 345 StPO begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache - zumindest vorläufigen - Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 16.03.2016 u.a. ausgeführt:

"Das Urteil unterliegt bereits aufgrund der Rüge der Verletzung der §§ 77 Abs. 1, 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO der Aufhebung, soweit der Betroffene geltend macht, das Messprotokoll und die Dienstanweisung sei nicht prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt, jedoch der Verurteilung zugrunde gelegt worden.

Die Verfahrensrüge ist in der gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWIG I.V.m. § 344 Abs. 2 StPO erforderlichen Form erhoben worden. Danach müssen, um die Zulässigkeit der Rüge zu begründen, die den Mangel enthaltenen Tatsachen so genau bezeichnet und vollständig angegeben werden, dass das Beschwerdegericht schon anhand der Rechtsbeschwerdeschrift ohne Rückgriff auf die Akte prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen zutreffen (zu vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rdn. 27 d m.w.N.). In Erfüllung dieser Voraussetzungen gehört zur ordnungsgemäßen Begründung auch der Vortrag, dass der Inhalt der Urkunde auch nicht anderweitig, insbesondere durch Vorhalt oder durch Vernehmung eines Zeugen, in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20. September 2007 - 3 Ss OWI 532/07 -, [...]),

Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Rechtsbeschwerde. Der Betroffene hat unter Zitierung des insoweit relevanten Wortlautes des Hauptverhandlungsprotokolls dargelegt, dass Messprotokoll und Dienstanweisung nicht durch Verlesung gemäß § 256 Abs. 1 StPO oder durch Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts gemäß § 78 Abs. 1 OWiG in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind und vorgetragen, dass auch eine prozessordnungsgemäße Einführung in anderer Weise nicht erfolgt ist.

Die Rüge ist auch begründet, da das Amtsgericht Schwelm seine Überzeugung nach den schriftlichen -Urteilsgründen (auch) auf das "dem-wesentlichen Inhalt nach bekanntgegebene Messprotokoll und die "Dienstanweisung, BI. 6 der Akte" stützt, sich insoweit jedoch weder eine Verlesung noch eine Bekanntgabe oder sonstige prozessordnungsgemäße Einführung aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt.

Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.

Da bereits die vorstehend erörterte Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils insgesamt führt, bedarf es eines Eingehens auf die weiteren Rügen nicht."

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat nach eigener Prüfung bei. Das Urteil ist aufgrund des dargestellten Mangels aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Schwelm zurückzuverweisen. Entgegen den Anträgen des Betroffenen und der Generalstaatsanwaltschaft besteht jedoch keine Veranlassung, dass Verfahren an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Schwelm zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 9322268

NZV 2016, 595

NZV 2016, 6

VRA 2016, 139

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