Leitsatz (amtlich)

Ein gerichtlich gebilligter Vergleich (§ 156 Abs. 2 FamFG) ist mit der Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG anfechtbar.

 

Verfahrensgang

AG Höxter (Beschluss vom 15.05.2014)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Höxter vom 15.5.2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am xx. xx. 2007 geborene N ist das Kind des Antragstellers (Vater) und der Antragsgegnerin (Mutter). Das Kind lebt bei der Mutter. Der Umgang mit dem Vater ist in dem Verfahren 6 F 362/12 AG Höxter dahingehend geregelt worden, dass das Kind ihn 1 × wöchentlich in der Zeit von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr besucht. Ende 2013 kam es bei der Durchführung des Umgangs zu Problemen, die letztendlich dazu führten, dass das Kind den Vater seit Februar 2014 nur noch 1 × wöchentlich für die Dauer von 2 Stunden besuchte.

Daraufhin leitete der Vater ein Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG ein. Für das Kind wurde ein Verfahrensbeistand bestellt. Im Anhörungstermin vor dem Familiengericht schlossen die Beteiligten (Kindeseltern, Jugendamt) am 13.5.2014 einen Vergleich, nach dem Umgangskontakte zwischen Kind und Vater alle zwei Wochen samstags in der Zeit von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr stattfinden sollten. Auch der im Anhörungstermin nicht anwesende Verfahrensbeistand hatte sich - nach einem vorherigen Gespräch mit dem Kind - in der Stellungnahme vom 12.5.2014 für diese Regelung ausgesprochen.

Durch Beschluss vom 15.5.2014 hat das Familiengericht den Vergleich nach § 156 Abs. 2 FamFG gebilligt. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Vaters, mit der er beantragt, den Beschluss "rückgängig zu machen".

II. Die nach §§ 58 ff. ZPO zulässige Beschwerde des Vaters ist unbegründet.

1. Allerdings ist streitig, ob ein Beschluss, mit dem die einvernehmliche Regelung zum Umgang des Kindes nach § 156 Abs. 2 FamFG gerichtlich gebilligt wird, überhaupt anfechtbar ist (bejahend Hammer FamRZ 2011, 1268; Cirullies ZKJ 2011, 448; verneinend OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1533; MünchKomm/Schumann, FamFG, § 156 Rz. 27). Nach Auffassung des Senats ist die Anfechtbarkeit zu bejahen.

Nach § 58 Abs. 1 FamFG findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der AG statt. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die gerichtliche Billigung nach § 156 Abs. 2 FamFG sei keine Endentscheidung. Es genüge daher, ins Protokoll aufzunehmen, dass der Vergleich auf Vorschlag bzw. mit Billigung des Gerichtes geschlossen worden sei und dass anschließend ein Hinweis auf die Vollstreckbarkeit des Vergleichs nach § 89 Abs. 2 FamFG protokolliert werde; dementsprechend sei der gerichtlich gebilligte Vergleich nicht anfechtbar. Die wohl überwiegende Auffassung geht hingegen davon aus, dass die gerichtliche Billigung durch Endentscheidung in Form eines Beschlusses erfolgen muss, die auch den Hinweis auf die Vollstreckbarkeit nach § 89 Abs. 2 FamFG enthält. Der gerichtlich gebilligte Vergleich wäre damit konsequenterweise gem. § 58 FamFG durch Beschwerde zum OLG anfechtbar (vgl. zum Meinungsstand: Schlünder FamRZ 2012, 9, 12; Hammer FamRZ 2011, 1268, 1271; Cirullies ZKJ 2011, 448, 450).

Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen. Eine Endentscheidung i.S.d. §§ 38, 58 FamFG liegt vor, wenn mit ihr der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird. Dies aber ist bei der gerichtlichen Billigung eines Vergleiches nach § 156 Abs. 2 FamFG der Fall. Denn erst durch die gerichtliche Billigung wird der Vergleich gem. § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu einem vollstreckungsfähigen Titel. Nur durch sie wird das Umgangsverfahren als Amtsverfahren, über dessen Regelungsgegenstand die Eltern weder materiell noch verfahrensrechtlich verfügen können, erledigt (zutr. Hammer, a.a.O.). Demzufolge hat der Beschluss nach § 156 Abs. 2 FamFG nicht lediglich deklaratorische, sondern vielmehr konstitutive Wirkung. Die gerichtliche Billigungsentscheidung hat auch deshalb nicht lediglich deklaratorische Wirkung, weil ihr eine materielle Kindeswohlprüfung zugrunde liegt; denn nach § 156 Abs. 2 S. 2 billigt das Gericht die Umgangsregelung (nur dann), wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht (sog. negative Kindeswohlprüfung). Durch die Billigung wird ferner durch das Gericht festgestellt, dass das erforderliche Verfahren eingehalten wurde, insbesondere die erforderlichen Anhörungen erfolgt sind. Dafür, dass die gerichtliche Billigung eine rechtsmittelfähige Endentscheidung ist, spricht schließlich auch, dass in ihr zur Regelung des Umgangs, wie er vorliegend geschlossen wurde, eine Belehrung gem. § 89 Abs. 2 FamFG aufzunehmen ist, deren Unterlassen mit der Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG anfechtbar ist (so BVerfG FamRZ 2011, 957). Es ist nicht einzusehen, warum die dieser Belehrung zugrunde liegende (Haupt-)Entscheidung nicht ebenfalls anfechtbar sein soll.

2. Ein gerichtlich gebilligter Vergleich nach § 156 Abs. 2 FamFG kann deshalb mit der Begründung angefochten werden, dass der V...

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