Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel zur Ermöglichung einer abstrakten Verweisung in einer Restschuld-Arbeitsunfähigkeitsversicherung ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie dem Zweck der Versicherung widerspricht, krankheitsbedingte finanzielle Einbußen im konkret ausgeübten Beruf aufzufangen.
Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 17.02.2012; Aktenzeichen I-4 O 381/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 17.02.2012 abgeändert.
Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe gewährt für die mit Schriftsatz vom 25.11.2011 angekündigten Klageanträge zu 1) und 2) und für den Hilfsantrag zu 3), soweit mit diesem eine Zahlung der Beklagten iHv 4.451,50 Euro an die S Bank begehrt wird.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung in Anspruch, die sie unter Vermittlung der S Bank bei der Beklagten zur Sicherung eines am 14.02.2008 beantragten Kredits der S Bank über insgesamt 37.392,60 Euro abgeschlossen hatte. Die monatlich bis einschließlich März 2015 zu erbringenden Darlehensraten belaufen sich auf jeweils 445,15 Euro. Nach den Allgemeinen Bedingungen für die Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung (im Folgenden ABR) sichert die Beklagte diese Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Darlehensgeber im Fall der Arbeitsunfähigkeit des Darlehensnehmers als versicherter Person ab. Arbeitsunfähigkeit liegt nach § 1 Nr. 2 ABR vor, "wenn die versicherte Person infolge Gesundheitsstörungen, die ärztlich nachzuweisen sind, vorübergehend außerstande ist, ihre bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht".
Nach § 5 Nr. 1 ABR entsteht der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung nach Ablauf von 42 Tagen nach Eintritt des die Arbeitsunfähigkeit begründenden Zustands. Wird diese erst später als 6 Monaten nach Eintritt schriftlich mitgeteilt, soll der Anspruch gem. § 5 Nr. 2 ABR erst mit Eingang der Mitteilung bei dem Versicherer entstehen und gem. § 5 Nr. 3 Abs. 2 ABR erstmals im darauffolgenden Monat zur Leistungspflicht führen.
Gemäß § 5 Nr. 4 c ABR erlischt der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung, "wenn die versicherte Person unbefristet berufs- oder erwerbsunfähig wird". Ein Leistungsausschluss besteht zudem gem. § 7 f ABR bei Arbeitsunfähigkeit infolge einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung.
Die Klägerin ist seit dem 18.12.2008 wegen eines Weichteilrheumatismus arbeitsunfähig krank geschrieben.
Unstreitig erhielt die Beklagte davon im November 2009 Kenntnis über die Darlehensbank. Erst nach unmittelbarer Mitteilung seitens der Klägerin am 15.02.2011 erbrachte die Beklagte für die Zeit vom 01.12.2009 bis zum 30.04.2011 die Darlehensraten an die S Bank. Gestützt auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten des Sachverständigen Dr. D lehnte sie weitere Leistungen mit Blick darauf ab, dass die Klägerin mittlerweile aufgrund einer psychischen Erkrankung berufsunfähig sei.
Die Klägerin behauptet, sie sei infolge ihrer Rheumaerkrankung, die nur Auslöser ihrer psychischen Beschwerden sei, lediglich arbeitsunfähig und nicht dauerhaft berufsunfähig. Die Ausschlussklausel in § 7 f ABR sei im Übrigen unwirksam.
Die Beklagte sei bereits ab dem 30.01.2009 zur Zahlung der Darlehensraten an die S Bank verpflichtet, weil sie ihre Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig mitgeteilt habe und insoweit nur die Karenzzeit aus § 5 Nr. 1 ABR zu beachten sei.
Die Klägerin hat Prozesskostenhilfe begehrt für die Anträge,
1.
die Beklagte zu verurteilen, aus der Restkreditlebensversicherung Versicherungsnummer 5744467341 an die S Bank (für die Zeit vom 30.01.2009 bis zum 30.11.2009) 4.451,40 Euro sowie
2.
für die Zeit vom 01.05.2011 bis zum 30.11.2011) 3.115,98 Euro zu zahlen und
3.
festzustellen, dass die Beklagte aus der Restkreditlebensversicherung Versicherungsnummer 5744467341 bedingungsgemäß zur Zahlung an die S Bank verpflichtet ist, längstens bis zum 01.03.2015,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, aus der Restkreditlebensversicherung Versicherungsnummer 5744467341 an die S Bank weitere 12.463,92 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat die bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bestritten und sich auf den Standpunkt gestellt, Leistungen hätten ohnehin allenfalls ab dem 01.12.2009 beansprucht werden können, weil sie erst im November 2009 von der Arbeitsunfähigkeitsmeldung Kenntnis erlangt hätte. Insoweit seien die Ansprüche der Klägerin durch Erfüllung an die S Bank gem. § 362 BGB erloschen. Weitere Ansprüche bestünden nicht, weil die Klägerin ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen Dr. D berufsunfähig sei und weil sie zudem psychisch erkrankt sei.
Der Einzelrichter des Landgerichts Bochum hat das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin mit Beschluss vom 17.02.2012 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die angekündigte...