Entscheidungsstichwort (Thema)
Zukünftige Leistung und Verweisung in der Arbeitsunfähigkeitsversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Keine Klage auf zukünftige Leistung aus einer Restschuld-Arbeitsunfähigkeits-Versicherung.
2. Eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % ist nur bei insoweit eindeutiger Fassung der AVB Leistungsvoraussetzung, andernfalls eine überwiegende Arbeitsunfähigkeit mit Verbleiben nur noch geringfügiger Resttätigkeitsmöglichkeiten.
3. Verweisung bei Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht möglich, jedenfalls zur Darlegungs- und Beweislast des Versicherers.
Normenkette
ZPO §§ 257-258
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 03.09.2009) |
Tenor
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 3.9.2009 werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte der Klägerin lediglich 225,75 EUR nebst Zinsen an vorgerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Die landgerichtliche Kostenentscheidung wird dahingehend berichtigt, dass die Klägerin 52 % und die Beklagte 48 % zu tragen hat.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 52 % und die Beklagte 48 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung aus einem Restschuld-Arbeitsunfähigkeitsversicherungsvertrag.
Die Klägerin schloss unter dem 13.7.2006 mit der A. Bank AG einen Darlehensvertrag über eine Kreditsumme i.H.v. 15.431,12 EUR ab. Zugleich schloss sie eine Restschuld-Arbeitsunfähigkeitsversicherung bei der Beklagten ab. Der von der Klägerin an die Bank zurückzuzahlende Betrag belief sich einschl. Bearbeitungsgebühren und der Einmalprämie für die Versicherung auf 23.138,64 EUR. Die Auszahlung des Darlehens und die Zahlung der Versicherungsprämie erfolgten am 15.8.2006. Bei einer vereinbarten Laufzeit von 72 Monaten sollte die erste Darlehensrate von der Klägerin zum 15.9.2006 gezahlt werden, die letzte Darlehensrate zum 15.8.2012. Die jeweilige Ratenhöhe betrug 321,37 EUR.
Die Klägerin ist seit 2006 als arbeitsunfähig krankgeschrieben. Nach ihrem eigenen Vortrag bereits seit Juni 2006, nach dem Vortrag der Beklagten ab dem 16.10.2006. Die Beklagte hat vertragsgemäße Leistungen erbracht in der Zeit vom 15.12.2006 bis 14.9.2008, insgesamt somit 6.748,56 EUR. In der Folgezeit hat sie keine Zahlungen mehr geleistet und sich nach Einholung eines Gutachtens zur Überprüfung ihrer Leistungspflicht darauf berufen, dass bei der Klägerin Berufsunfähigkeit eingetreten sei, für welche bedingungsgemäß Leistungen nicht zu erbringen seien.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin nicht nur die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der rückständigen Beträge, sondern auch der künftigen Raten bis zum Ablauf des Darlehens- und des Versicherungsvertrages zum 1.8.2012.
Das LG hat der Klage stattgegeben hinsichtlich der rückständigen Arbeitsunfähigkeitsrente bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LG. Die weiter gehende Klage der Klägerin bezüglich künftiger Rentenbeiträge hat es als unzulässig abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.
II. Die zulässigen Berufungen beider Parteien sind in der Hauptsache nicht begründet. Lediglich bezüglich der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Berufung der Beklagten einen teilweisen Erfolg.
Zutreffend hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit die Klägerin Leistungen über den Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LG hinaus begehrt hat. Es handelt sich insoweit um eine Klage auf zukünftige Leistungen, die nur bei Vorliegen der Voraussetzungen gem. §§ 257, 258 ZPO zulässig sind. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben, da der Anspruch auf Leistungen für die Monate nach dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LG bis zum vereinbarungsgemäßen Ablauf des Vertrages zum 15.8.2012 am Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LG noch nicht entstanden waren. Es fehlt nicht lediglich an einer Fälligkeit des Anspruchs auf Leistung für die noch fehlenden Monate. Vielmehr muss als Anspruchsvoraussetzung für jeden Monat nachprüfbar dargelegt werden, dass weiterhin Arbeitsunfähigkeit der Klägerin besteht. Ob und wie lange dies in Zukunft der Fall sein wird, kann nicht im Voraus festgestellt werden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag in Bezug auf künftige Renten nicht mit einer Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung zu vergleichen. Der vorliegende Vertrag wurde ausdrücklich für den Fall der Arbeitsunfähigkeit abgeschlossen. Unabhängig von den in den jeweiligen Versicherungsbedingungen enthaltenen Definitionen unterscheiden sich Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit insb. dadurch, dass es sich bei der Arbeitsunfähigkeit um einen grundsätzlich vorübergehenden Zustand, wenn auc...