Leitsatz (amtlich)
Zur ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge, mit der eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes dadurch geltend gemacht wird, dass das Gericht nicht ausreichend deutlich genug auf die außerhalb des Gerichtsgebäudes stattfindende Hauptverhandlung hingewiesen hat und zur Kontrollpflicht der Gerichte in diesen Fällen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dorsten zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Dorsten hat den Angeklagten am 05. 02. 2001 aufgrund einer unter anderem auch außerhalb des Gerichtsgebäudes durchgeführten Hauptverhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zur einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hatte der Angeklagte am 09. 04. 2000 mit einer Pressholzlatte von ca. 1 Meter Länge mehrmals auf den Kopf und Oberkörper des Nebenklägers eingeschlagen und dem Nebenkläger dadurch u. a. Brüche des linken Armes zugefügt.
Gegen das am 05. 02. 2001 in seiner Anwesenheit verkündete und seinem Verteidiger am 14. 04. 2001 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit am 05. 02. 2001 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz des Verteidigers fristgerecht Sprungrevision eingelegt und die Revision mit am 07. 03. 2001 beim Amtsgericht eingegangenem weiteren Schriftsatz des Verteidigers begründet. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts sowie mit der Verfahrensrüge die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens bei Durchführung der Hauptverhandlung, § 338 Ziffer 6 StPO und § 169 GVG.
Zu der Verfahrensrüge ist aufgrund des Revisionsvortrages, den dienstlichen Äußerungen der Amtsrichterin sowie aufgrund der Sitzungsniederschriften folgender Sachverhalt festgestellt:
Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 31. 01. 2001 verkündete die Amtsrichterin am Ende der Hauptverhandlung folgenden Beschluss:
"
1. Die heutige Hauptverhandlung wird unterbrochen.
2. Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung wird anberaumt auf Montag, 05. Febr. 01, 08. 30 Uhr, an der Tatörtlichkeit.
3. Zu dem Fortsetzungstermin soll die benannte Zeugin Frau Rechtsanwältin F. um 09. 30 Uhr im Gerichtsgebäude erscheinen. "
Am 05. 02. 2001 wurde die Hauptverhandlung vor dem Haus H. 93 in Dorsten mit der Inaugenscheinnahme des Tatortes und Zeugenvernehmungen sowie anschließend ab ca. 10. 30 Uhr im Gerichtsgebäude des Amtsgerichts Dorsten fortgesetzt. Das am Sitzungssaal des Amtsgerichts aushängende Verzeichnis der am 05. 02. 2001 vor dem Amtsgericht Dorsten anstehenden Termine wies unter laufender Nr. 1 folgenden Eintrag auf:
"1. Fortsetzungs- und Ortstermin 08. 30 Uhr C. , A. , 5 Ds 32 Js 1035/00 (354/00)"
Nach der dienstlichen Äußerung der Amtsrichterin hatte sie der Protokollführerin keine Anweisung erteilt, den Verhandlungsort ("Tatörtlichkeit") mit der genauen Anschrift in den Aushang aufzunehmen.
II.
1. Zur Zulässigkeit der Verfahrensrüge.
a) Die Rüge, der Grundsatz der Öffentlichkeit sei verletzt, ist in zulässiger Weise ausgeführt und genügt den sich aus § 344 Abs. 2 StPO ergebenden Anforderungen. Nach § 344 Abs. 2 StPO muss die Revisionsbegründung die den Mangel enthaltenden Tatsachen angeben. Die Mitteilung der den Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen muss so vollständig und genau sein, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. , § 344 Rdnr. 24 m. w. N. ). Wird die Verletzung der Öffentlichkeitsmaxime des § 169 GVG gerügt, so muss aus der Revisionsbegründung hervorgehen, durch welche Umstände die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden ist und aus welchen Gründen das Gericht den Verfahrensverstoß zu vertreten hat (BayObLG VRS 87, 139; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a. a. O. , § 338 Rdnr. 50 a).
b) Die Beschränkung der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung wird hier von der Revision hinreichend dargelegt. Die Revision trägt vor, dass der Aushang keinen Hinweis zum Verhandlungsort enthalten habe. Den Inhalt des Aushanges gibt sie wörtlich wieder.
c) Zum Verschulden des Amtsgerichts hat die Revision folgendes ausgeführt:
"Diesen Zustand hätte das Amtsgericht bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt auch bemerken und beseitigen können. Die Richterin (. . . ) ist der ihr obliegenden Aufsichtspflicht nicht nachgekommen. Selbst als der Unterzeichner vor der letzten Vertagung um 10. 15 Uhr beantragte, eine Kopie des Terminzettels zum Hauptverhandlungsprotokoll zu nehmen, kontrollierte sie den Terminzettel nicht. Während des Ortstermins äußerte sie vielmehr noch sinngemäß gegenüber dem Verteidiger, "dass man sich bei dieser Protokollführerin um nichts kümmern müsse, das l...