Leitsatz (amtlich)

Die Ermäßigung der Gerichtsgebühren nach Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III Nr. 19a zum Einigungsvertrag tritt, wenn der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand im Beitrittsgebiet hat, unabhängig davon ein, vor welchem Gericht der Bundesrepublik Deutschland die Gerichtsgebühren anfallen.

 

Normenkette

Einigungsvertrag § Anl. I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III Nr. 19a

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 12 O 579/97)

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Klägerin wird die Kostenfestsetzung der Berufungsgebühren geändert. Die Kosten für das Berufungsverfahren werden auf 1.073,33 Euro festgesetzt. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gerichtskostenfrei; notwendige Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 GKG zulässige Erinnerung ist begründet.

Die Klägerin hat nach dem Einigungsvertragsgesetz vom 23.9.1990 (BGBl. II 1990, 885) i.V.m. Art. 8 des Einigungsvertrages und Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III Nr. 19a und § 1 der Verordnung vom 15.4.1996 (BGBl. I 604) Anspruch auf eine Gebührenermäßigung um 10 %.

Gemäß Nr. 19a der Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III des Einigungsvertragsgesetzes gilt das Gerichtskostengesetz im Beitrittsgebiet mit der Maßgabe, dass sich die Gebühren ermäßigen, wenn der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand in dem in Art. 3 des Vertrags genannten Gebiet hat. Die Klägerin hat ihren Geschäftssitz in M. und damit im Beitrittsgebiet. Sie erfüllt damit die Tatbestandsvoraussetzungen, an die Nr. 19a den Eintritt der Gebührenermäßigung anknüpft.

Es entspricht zwischenzeitlich der herrschenden Ansicht, dass die Tatsache, dass der Prozess nicht im Beitrittsgebiet, sondern in den alten Bundesländern geführt wird, dem Eingreifen der Gebührenermäßigung nicht entgegensteht (BGH v. 14.11.1995 – VI ZR 408/94, MDR 1996, 205 f.; OLG Nürnberg JurBüro 1998, 427 f.; OLG Köln VersR 1995, 435 f.; OLG Köln JurBüro 1995, 315; OLG Koblenz v. 4.10.1995 – 14 W 554/95, VersR 1996, 605; OLG Düsseldorf DtZ 1995, 295; KG JurBüro 1995, 149; Markl/Meyer, GKG, 4. Aufl., § 12 Rz. 32; Hartmann/Albers, Kostengesetze, Vorb. zu § 11 GKG).

Der Senat schließt sich der herrschenden Auffassung an. Mit der bereits vom Wortlaut her klaren Regelung in Ziff. 19a ist die von der Gegenmeinung vertretene Ansicht, dass die Gerichtsgebührenermäßigung lediglich eintritt, wenn der Rechtsstreit im Beitrittsgebiet geführt wird (so aber OLG Hamm, Beschl. v. 10.6.1996 – 23 W 109/96, OLGReport Hamm 1997, 38 = MDR 1997, 205; OLG Hamm, Beschl.v. 22.1.1996 – 23 W 437/95, OLGReport Hamm 1997, 39 = JurBüro 1997, 146 f.; OLG München v. 17.4.1996 – 11 W 3185/95, OLGReport München 1996, 132 = MDR 1996, 749; OLG Stuttgart v. 14.5.1996 – 8 W 74/96, MDR 1996, 969; Oestreich/Winter/Hellstaub, GKG, § 1 Rz. 60; Meyer, JurBüro 1998, 428), nicht zu vereinbaren. Wie der BGH in dem zitierten Beschluss vom 14.11.1995 zutreffend ausgeführt hat, kommt es nach den Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 19a allein darauf an, ob der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand im Beitrittsgebiet hat (BGH v. 14.11.1995 – VI ZR 408/94, MDR 1996, 205 f.). Die von der Gegenauffassung bemühten systematischen Überlegungen überzeugen nicht. Nr. 19a enthält keine territoriale Begrenzung, sondern differenziert allein nach dem Kreis der Normadressaten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 Abs. 4 S. 1 und S. 2 GKG.

Kaufmann Gottwald Dr. Breulmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1106266

OLGR Hamm 2003, 192

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