Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichung der Mahnanwaltsgebühr

 

Leitsatz (redaktionell)

Trotz der grundsätzlich gegebenen Erstattungsfähigkeit von Mahnanwaltskosten ist diese ausgeschlossen, wenn der Gläubiger aufgrund konkreter Anhaltspunkte aus dem vorprozessualen Schuldnerverhalten oder aufgrund eigenen Verhaltens (Geltendmachung eines nach Rechtsgrundlage oder Höhe zweifelhaften Anspruchs) damit rechnen mußte, die Sache werde sich nicht im Mahnverfahren erledigen.

 

Normenkette

ZPO § 91; BRAGO § 43 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 11.08.1988)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 900,– bis 1.200,– DM.

 

Gründe

Die Klägerin, die gegen die Beklagten nach der Kostengrundentscheidung einen Anspruch auf Erstattung der Kosten erster Instanz nach einer Quote von 85% hat, hat zur Festsetzung Mahnanwaltskosten der Rechtsanwälte … und Partner aus für den am 9.12.1985 beantragten Mahnbescheid in Höhe von insgesamt 1.533,30 DM angemeldet. Da die Beklagten unstreitig bereits vorprozessual anwaltlich vertreten waren und durch vorprozessuales Schreiben dieser Anwälte vom 9.11.1985 die von der Klägerin erhobenen Ansprüche zurückgewiesen. und zum Ausdruck gebracht hatten, daß sie nunmehr einer Klage entgegensehen würden, hat die Rechtspflegerin im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß die Ausgleichung der Mahnanwaltsgebühr abgelehnt und statt dessen für die weitere Tätigkeit der Rechtsanwälte … und Partner als Verkehrsanwälte eine im Abgeltungsbereich mit der Mahnanwaltsgebühr identische Korrespondenzanwaltsgebühr in Höhe fiktiver Informationskosten von 135,80 DM als erstattungsfähig angesehen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer nach Vorlage an das Oberlandesgericht gemäß §§ 21 Abs. 2, 11 Abs. 2 RpflG als sofortige Beschwerde aufzufassenden Erinnerung, mit der sie unter Berufung auf die neuere Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und des HansOLG Hamburg die Ausgleichung, der vollen Mahnanwaltsgebühr trotz des zu erwartenden Widerspruchs der Beklagten gegen den Mahnbescheid begehrt.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Für ihre Tätigkeit im Mahnverfahren vor dem Amtsgericht Köln haben die Rechtsanwälte … und Partner zwar eine volle Gebühr nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zuzüglich Nebenkosten verdient. Diese Kosten sind gemäß § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO jedoch nicht erstattungsfähig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (OLG Hamm JurBüro 1978, 1203 = Rpfl. 1978, 384 = JMBl. NW 1978, 241; JurBüro 1978, 1825 = Rpfl. 1978, 453 = MDR 1979, 146; JurBüro 1979, 1020; Anwaltsblatt 1982, 80; JurBüro 1987, 758) sind die Mehrkosten, die für den Kläger dadurch entstehen, daß er mit der Durchführung des Mahnverfahrens einen beim späteren Prozeßgericht nicht zugelassenen Anwalt beauftragt hat und deshalb gezwungen ist, nach Abgabe des Rechtsstreits an dieses Gericht einen dort zugelassenen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen, neben dessen Kosten grundsätzlich nur dann erstattungsfähig, wenn ein Widerspruch gegen den Mahnbescheid nicht zu erwarten und mit einer endgültigen Erledigung der Sache im Mahnverfahren zu rechnen war.

Die von der Klägerin zur Begründung ihrer Erinnerung herangezogene Entscheidung des OLG Düsseldorf (JurBüro 1988, 1192) hält demgegenüber die Kosten des Mahnanwalts stets für erstattungsfähig. Begründet wird dies mit der durch die sog. „Vereinfachungsnovelle” vom 3.12.1976 (BGBl. I S. 3281) eingeführten ausschließlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts des Gläubiger-Wohnsitzes für die Durchführung des Mahnverfahrens. Begründe der Gesetzgeber eine solche ausschließliche Zuständigkeit, so sei es nicht Aufgabe der Gerichte, dadurch entstehende Mehrkosten mittels einer restriktiven Auslegung des § 91 ZPO von der Erstattung auszuschließen. Daher werde unwiderlegbar vermutet, daß die Mandatierung eines Rechtsanwalts am Wohnsitz des Gläubigers, selbst wenn er beim späteren Prozeßgericht nicht zugelassen sei, notwendig i.S. des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gewesen sei.

Diese – auch vom HansOLG (JurBüro 1987, 756; einschränkend aber im JurBüro 1983, 606) vertretene – Auffassung widerspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. die Nachweise bei Riedel-Sußbauer-Keller, BRAGO, 6. Aufl., Rdnr. 15 f. zu § 43; Mümmler in Anm. zu OLG Düsseldorf, JurBüro 1988, 1192). Ihr kann nicht gefolgt werden.

Der Senat hat sich bereits in seinen Entscheidungen vom 22.5.1978 (JurBüro 1978, 1203) und 14.8.1978 (JurBüro 1978, 1826) mit der Auswirkung der durch die sog. „Vereinfachungsnovelle” eingeführten Neuregelung des Mahnverfahrens auf die Erstattungsfähigkeit von Mahnanwaltskosten befaßt. Im Hinblick darauf, daß nach § 689 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Erlaß des Mahnbescheides nunmehr das Amtsgericht, bei dem der Gläubiger seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zuständig ist, hat er anerkannt, daß in der Regel ein Gläubiger sich zur Beantragung eines Mahnbescheides g...

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