Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungsbeschränkung. Rechtskraft. Feststellungen. Bezugnahme
Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung und zur Zulässigkeit der Bezugnahme auf die Feststellungen des Tatgerichts.
Normenkette
StPO § 318
Verfahrensgang
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Strafrichter - Essen hat den Angeklagten wegen "Diebstahls in vier Fällen, wobei in drei Fällen geringwertige Sachen entwendet wurden", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt und in der Berufungshauptverhandlung vom 29. August 2008 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung seines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch erklärt.
Mit dem angefochtenen Urteil hat die Strafkammer die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten verhängt wird.
In den schriftlichen Urteilsgründen des angegriffenen Urteils heißt es zur Prozessgeschichte und zu den Feststellungen zur Person wie folgt:
"Die Berufung hatte teilweise Erfolg.
Aufgrund der wirksamen Beschränkung sind die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils in Rechtskraft erwachsen. Insoweit wird auf die Darstellung des angefochtenen Urteils, BI. 45 bis 54 oben, Bezug genommen.
Die neuerliche Hauptverhandlung hat zu folgenden ergänzenden Feststellungen hinsichtlich des Lebenslaufs des Angeklagten geführt: Der 50 Jahre alte Angeklagte wuchs nach der Scheidung seiner Eltern in dem Haushalt seines Vaters auf. Von seinem 14. bis zu seinem 18. Lebensjahr lebte er bei seiner Mutter. Er besuchte die Hauptschule nur bis zur 6. Klasse, da er einige Male...................."
Auf Blatt 45 bis 54 oben d. A. sind ausschließlich Feststellungen des Amtsgerichts zur Person des Angeklagten aufgeführt.
II.
Die ausschließlich auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten ist zulässig und hat auch in der Sache - jedenfalls vorläufig - Erfolg.
In Folge der wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch sind die zum Schuldspruch getroffenen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts bindend geworden, wovon das Landgericht zutreffend ausgeht, auch wenn die fehlerhafte Formulierung, diese seien "in Rechtskraft erwachsen", verwendet wird.
Die Feststellungen des Amtsgerichts zu den Taten sind klar und vollständig, weshalb sie eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bieten.
Das angefochtene Urteil ermöglicht dem Senat gleichwohl nicht die ihm obliegende rechtliche Überprüfung, da die Urteilsgründe lückenhaft sind. Urteilsgründe müssen klar, eindeutig und aus sich heraus verständlich sein.
a. Soweit das Landgericht allerdings nicht auf die - infolge wirksamer Rechtsmittelbeschränkung - bindend gewordenen Feststellungen zu den Straftaten des Angeklagten konkret Bezug genommen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Zwar müssen die schriftlichen Urteilsgründe nach § 267 Abs.1 S.1 StPO aus sich heraus verständlich, klar, geschlossen und erschöpfend sein (BGH, NStZ-RR 2000,304; NStZ-RR 1996,109; BGHNJW 1985,1089; BGHSt 30, 225). Deshalb sind Bezugnahmen auf Aktenteile (Anklageschrift, Eröffnungsbeschluss, Sitzungsprotokoll, schriftliche Gutachten etc.) und andere Urteile grundsätzlich unzulässig (vgl. Gollwitzer in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 267 Rn 9; Meyer- Goßner, StPO, 51. Aufl., § 267 Rn 2). Durch dieses Erfordernis soll gewährleistet werden, dass der vom erkennenden Gericht auf Grund der Hauptverhandlung für erwiesen erachtete Tathergang und die erhobenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in einer geschlossenen Darstellung geschildert werden, um dem Revisionsgericht die Überprüfung des angefochtenen Urteils in rechtlicher Hinsicht verlässlich zu ermöglichen.
Als Ausnahme von diesem Grundsatz ist aber anerkannt, dass bei einem rechtskräftigem Schuldspruch - wie hier - eine solche Bezugnahme nicht erfolgen muss (vgl. BGH, NStZ-RR 2001,202; OLG Celle, NStZ 1989,340), da es nämlich allein auf die ausreichende Feststellung der den rechtskräftigen Schuldspruch tragenden Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil ankommt (BGH NStZ-RR 2001,202) und sich die Reichweite des Berufungsurteils als Grundlage für die revisionsrechtliche Überprüfung klar ergibt.
Soweit das Oberlandesgericht Hamm in der Vergangenheit (OLG Hamm NStZ-RR 1997, 369) die Auffassung vertreten hat, das Berufungsgericht müsse genau angeben, in welchem Umfang auf die tatrichterlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Oberlandesgericht Hamm diese Rechtsprechung im Hinblick auf die Entscheidung des BGH in NStZ-RR 2001, 202 ausdrücklich aufgegeben (OLG Hamm VRS 102, 206,207).
b. Aufzuheben war das angegriffene Urteil aber gleichwohl, da die Strafkammer es unterlassen hat, eigen...