Leitsatz (amtlich)

Bei der Errechnung des Mindestbetrags nach § 866 Abs. 3 S. 1 ZPO dürfen auf die Hauptforderung zu entrichtende Zinsen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie in kapitalisierter Form tituliert sind; eine nachträgliche Kapitalisierung der titulierten Zinsforderung ist daher nicht möglich.

 

Normenkette

ZPO § 866 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 29.04.2008; Aktenzeichen 5 T 290/08)

AG Bocholt (Aktenzeichen GB von Bocholt Bl. 6325)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, im Grundbuch von C Bl. 6325 zugunsten des Beteiligten zu 1) einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung der Zwangssicherungshypothek in Abteilung III unter lfd. Nr. 5 einzutragen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 865 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2) betreibt gegen den Beteiligten zu 1) die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Bocholt vom 2.11.2004 - Az. 13 C 303/02 -, nach dem der Beteiligte zu 1) verpflichtet ist, an die Beteiligte zu 2) an Kosten 582,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu erstatten.

Unter dem 11.3.2008 hat die Beteiligte zu 2) beantragt, wegen

  • der noch offenen titulierten Hauptforderung von 582,50 EUR,
  • bisherige Vollstreckungskosten i.H.v. 128,41 EUR (Gerichtsvollzieher; verauslagte Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten)
  • sowie bis zum 6.3.2008 aufgelaufener Zinsen i.H.v. 154,81 EUR

zu ihren Gunsten eine Sicherungshypothek über 865,51 EUR in das eingangs genannte Grundbuch, in dem ein Grundstück des Beteiligten zu 1) verzeichnet ist, einzutragen. Das Grundbuchamt hat dem Antrag am 20.3.2008 entsprochen.

Hiergegen hat sich der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 9.4.2008 gewandt, das das LG als Beschwerde ausgelegt hat. Mit Beschluss vom 29.4.2008 hat das LG die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten, die er am 12.11.2008 zu Protokoll des Rechtspflegers beim AG Bocholt eingelegt hat.

II. Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gem. § 80 Abs. 1 S. 1 GBO formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass das LG seine erste Beschwerde zurückgewiesen hat.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 78 S. 1 GBO). Zutreffend ist das LG in verfahrensrechtlicher Hinsicht von einer zulässigen - allerdings nicht fristgebunden - Erstbeschwerde ausgegangen, die, weil sich an die Eintragung einer Zwangshypothek ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann, nach § 71 Abs. 2 GBO nur beschränkt auf Maßnahmen nach § 53 Abs. 1 GBO zulässig ist, auch wenn das Grundbuchamt, wie hier, im Rahmen der Zwangsvollstreckung tätig geworden ist (OLG München FGPrax 2008, 235). Eine Grundbuchberichtigung im Sinn einer Löschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO kommt hier nicht in Betracht, weil die Eintragung nicht inhaltlich unzulässig ist. Inhaltlich unzulässig ist eine Eintragung nämlich nur dann, wenn ein Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, aus Rechtsgründen nicht bestehen kann (BayObLG Rpfleger 1986, 371; Demharter § 53 Rz. 42). Davon kann bei einer Zwangssicherungshypothek nicht gesprochen werden.

In der Sache hält die Entscheidung des LG der rechtlichen Prüfung indes nicht stand. Das LG hat, wie bereits das Grundbuchamt, übersehen, dass die Mindesthöhe für die Eintragung einer Sicherungshypothek hier nicht erreicht ist. Eine Sicherungshypothek darf gem. § 866 Abs. 3 S. 1 ZPO nur für einen Betrag von mehr als 750 EUR eingetragen werden, wobei Zinsen unberücksicht bleiben, "soweit sie als Nebenforderung geltend gemacht sind."

Unstreitig können zu der titulierten Hauptforderung die bisherigen Vollstreckungskosten (§ 788 ZPO) hinzugerechnet werden, nicht aber Anwalts- und Gerichtskosten des Eintragungsverfahrens, § 867 Abs. 1 S. 3 ZPO (Schuschke/Walkner, 8. Buch der ZPO, 3. Aufl., § 866 Rz. 6). Streitg ist allerdings, ob dies auch für die Zinsen gilt, die, wie vorliegend, nicht als Hauptforderung tituliert sind.

Ein Teil der Literatur und Rechtsprechung ist der Auffassung, kapitalisierte Rückstände, die (erst) in der Zwangsvollstreckung betragsmäßig geltend gemacht werden, seien zu der Hauptforderung hinzuzurechnen (MünchKomm/ZPO/Eickmann, 3. Aufl., § 866 Rz. 10; Musielak/Becker, ZPO, 6. Aufl., § 866 Rz. 4; Schuschke/Walkner, a.a.O., § 866 Rz. 6; Wieczorek/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 866 Rz. 35; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 866 Rz. 5; LG Bonn Rpfleger 1982, 75). Zur Begründung dieser Auffassung wird angeführt, das Vollstreckungsverfahren sei von dem Erkenntnisverfahren unabhängig und es sei auch bei einer Verkehrshypothek (§ 1113 BGB) möglich, diese für eine kapitalisierte, d.h. in eine Kapitalforderung umgewandelte Zinsforderung zu bestellen (so LG Bonn, a.a.O.).

Demgenüber wird eingewandt, der Begriff der Nebenforderung in § 866 Abs. 3 ZPO entspreche der Formu...

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