Leitsatz (amtlich)
Ein Wiedereintritt in die Hauptverhandlung setzt keinen besonderen Gerichtsbeschluss voraus.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Schwerte zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Schwerte hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (um 69 km/h) zu einer Geldbuße in Höhe von 880,- € verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Monaten verhängt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner in zulässiger Weise eingelegten Rechtsbeschwerde, die er mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts näher begründet hat, wobei er die Verletzung formellen Rechts unter anderem mit der Rüge der Verletzung seines Anspruchs auf das letzte Wort gemäß § 258 Abs. 2 StPO begründet hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
wie erkannt.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat in der Sache einen - zumindest vorläufigen - Erfolg, weil der Anspruch des Betroffenen auf das letzte Wort in der Hauptverhandlung vom 18. Juli 2013 verletzt wurde.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Antragsschrift vom 23. November 2013 Folgendes ausgeführt:
"Die Beachtung des §§ 258 StPO stellt eine wesentliche Förmlichkeit der Hauptverhandlung im Sinne des §§ 273 StPO dar (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., Rn. 31 zu § 258 m. w. N.). Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden, § 274 StPO.
Dem Betroffenen ist danach das letzte Wort nicht gewährt worden. Der Vorsitzende hat im Rahmen seiner dienstlichen Stellungnahme vom 05.11.2013 (BI. 139, 139R d. A.) ausgeführt, dass sich die entsprechende Streichung im Hauptverhandlungsprotokoll vom 18.07.2013 (BI. 108 d. A.) auf den gesamten Satz beziehe und nicht isoliert auf einen Satzteil. Zur Begründung hat er aus-_ geführt, er habe weder nach Abschluss des Plädoyers des Verteidigers noch - nach zwischenzeitlicher Unterbrechung - nach erneutem Aufruf der Sache um 11:18 Uhr dem Betroffenen erneut das letzte Wort gewährt.
Darin liegt ein Verstoß gegen § 258 Abs. 2, 2. Halbsatz und Abs. 3 StPO. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass dem Betroffenen ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden vor der genannten Unterbrechung der Hauptverhandlung und vor dem Plädoyer des Verteidigers bereits das letzte Wort eingeräumt worden war. Zum einen ist damit der Betroffene entgegen § 258 Abs. 3 StPO nicht als letzter Verfahrensbeteiligter angehört worden. Zum anderen liegt auch ein Wiedereintritt in die Verhandlung vor, der das Gericht verpflichtet hätte, dem Betroffenen erneut das letzte Wort gemäß § 258 Abs. 2, 2. Halbsatz StPO zu gewähren. Ein Wiedereintritt in die Verhandlung setzt keinen besonderen Gerichtsbeschluss voraus. Er liegt nicht nur in jeder Prozesshandlung, die ihrer Natur nach in den Bereich der Beweisaufnahme fällt, sondern schon in jeder Handlung, in der der Wille des Gerichts zum Weiterverhandeln in der Sache in Erscheinung tritt. Ein Wiedereintritt liegt danach auch dann vor, wenn nach dem letzten Wort des Angeklagten ein Unterbrechungs- oder Aussetzungsantrag abgelehnt wird (zu vgl. Meyer-Go ßner, a.a.O., § 258 Rn. 28, 29 m. w. N.). So liegt der Fall hier. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls hat der Verteidiger in seinem Plädoyer Aussetzung beantragt (zu vgl. BI. 108 d. A.). Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden hat dieser nach dem Plädoyer die Hauptverhandlung unterbrochen und nach erneutem Aufruf um 11:18 Uhr fortgesetzt mit der Erklärung, dass er den Betroffenen wie tenoriert verurteilen werde (zu vgl. BI. 139 d. A.). Auch wenn eine schriftliche Behandlung des Aussetzungsantrages erst im Urteil erfolgt ist, ist darin jedenfalls eine konkludente Ablehnung des vorherigen Aussetzungsantrags des Verteidigers zu erblicken.
Auf diesem Verfahrensfehler beruht das Urteil auch. Das Beruhen des Urteils auf Verstößen gegen § 258 StPO, insbesondere gegen Abs. 2, Halbsatz 2 und Abs. 3, kann nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden (zu vgl. Meyer-Go ßner, a.a.O., § 258 Rn. 34 m. w. N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, zumal die Rechtsbeschwerde unwiderlegbar ausführt, dass der Betroffene - der zuvor von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hatte - beabsichtigt habe, im Rahmen des letzten Wortes unter Benennung von Zeugen seine Fahrereigenschaft bestreiten sowie ebenfalls Tatsachen vorzutragen und unter Beweis zu stellen, die zu einer Beschränkung oder einem Absehen vom Fahrverbot hätten führen können. Dass der Betroffene nach der dienstlichen Stellungnahme vom 05.11.2013 (BI. 139 d. A.) entsprechende Ausführungen in dem ihm vom Vorsitzenden zuvor eingeräumten letzten Wort nicht gemacht hat, rechtfertigt eine ande...