Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzung einer Eigentumswohnung durch Aussiedler. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Auslegung einer in der Teilungserklärung enthaltenen Bezeichnung eines Sondereigentums (hier: Einfamilienhaus) als Bestimmung des Nutzungszwecks mit Vereinbarungscharakter.
2. Die Belegung einer Eigentumswohnung, die in der Teilungserklärung als Einfamilienhaus ausgewiesen ist, mit mehreren Aussiedlerfamilien (Übergangsheim) geht über die Vereinbarte Nutzung hinaus.
3. Für den Unterlassungsanspruch bei Änderung des Nutzungszwecks genügt es, daß eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer auf Grund bestimmter Tatsachen für die Zukunft zu befürchten ist.
Normenkette
BGB § 1004; WEG §§ 10, 13-14, 15 Abs. 1, 3, § 43 Abs. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 13.07.1992; Aktenzeichen 7 T 349/91) |
AG Hattingen (Urteil vom 28.03.1991; Aktenzeichen 8 II 40/91) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in dieser Instanz nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und der Antragsgegner sind neben einer Anzahl weiterer Personen Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage, die nach der Teilungserklärung aus „10 Wohnungen, sowie nicht zu Wohnzwecken dienenden 7 Garagen” besteht. Die Wohnungen Nr. 1 bis 8 befinden sich in einem mehrgeschossigen, zur W … Straße hin gelegenen Gebäude. Auf dem abfallenden Gelände schließt sich an dieses Gebäude terassenförmig versetzt ein Mittelbau an, in der sich die Wohnung Nr. 9 der Antragsteller befindet, und an diesen Mittelbau grenzt auf dem weiterhin abfallenden Grundstück die Wohnungseigentumseinheit Nr. 10 des Antragsgegners an, die trotz der baulichen Verbindung und Einbindung in die Gesamtanlage den Charakter eines selbständigen Hauses hat. Zu dieser Wohneinheit des Antragsgegners gehören als Sondereigentum unter dem Sondereigentum der Antragsteller, nämlich deren Wohnraum, gelegene Kellerräume, die durch Lichtschächte teilweise zur darüberliegenden Terasse der Antragsteller belüftet werden und im Aufteilungsplan als Vorrats-, Bügel- und Hobbyraum bezeichnet worden sind. Die Wohnräume der Antragsteller und des Antragsgegners grenzen hälftig aneinander.
In der Teilungserklärung des teilenden Eigentümers der Gesamtanlage, der die Wohnungseinheit Nr. 10 für eigene Wohnzwecke errichtet hatte, und auf die bei der Anlegung des Wohnungsgrundbuches Bezug genommen worden ist, ist die Einheit Nr. 10 als „Wohnung” und „Einfamilienhaus” bezeichnet worden. In § 5 Abs. 2 bis 4 der Teilungserklärung ist bestimmt:
(2)
Zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung ist der Wohnungseigentümer nur mit Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt. …
(3)
Die Einwilligung kann nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Sie kann auch von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungs-/Teileigentümer oder Hausbewohner befürchten läßt oder wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt.
(4)
Entsprechendes gilt bei Vermietung oder Verpachtung einer Wohnung/eines Teileigentums. Bei Vermietung der Wohnung oder des Teileigentums müssen etwaige Zweckbindungen berücksichtigt werden. …
Gemäß einstimmig gefaßtem Beschluß der Wohnungseigentümer vom 06.10.1989 wurde vereinbart, daß die Wohneinheit Nr. 10 wirtschaftlich möglichst selbständig werden sollte, insbesondere die Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen, Versicherungskosten (soweit trennbar), die Unterhaltung der Heizung und der Strom- und Fernsprechleitungen und die Kosten des Kaminkehrers für das sogenannte Einfamilienhaus gesondert abgerechnet werden sollten, während die Verwalterkosten, die Kosten der Pflege der Außenanlage, Wasser- und Entwässerungsentgelt, Gebühren für die Müllabfuhr und nicht ausscheidbare Versicherungen nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel von allen Miteigentümern getragen werden sollten. Zudem wurde dem jeweiligen Eigentümer der Einheit Nr. 10 an verschiedenen, diesen Gebäudeteil umgebenden Grundstücksflächen ein Sondernutzungsrecht eingeräumt.
Mit schriftlichem Mietvertrag vom 14./15.05.1990 vermietete der Antragsgegner sein Sondereigentum (Einfamilienhaus) an die Stadt H …, und zwar beginnend mit dem 01.05.1990 für die Dauer von 5 Jahren zu einem monatlichen Mietzins von 12,– DM pro m² für das 1. und 2. Jahr, 12,50 DM pro m² für das 3. und 4. Jahr und 13,– DM pro m² monatlich für das 5. Jahr. Die Miete wurde ursprünglich für 314,80 m² und wird ab 01.05.1991, nachdem die unter dem Sondereigentum der Antragsteller gelegenen, im Teileigentum des Antragsgegners stehenden Kellerräume während des anhängigen Verfa...