Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Ausführungen im tatrichterlichen Urteil, wenn der Tatrichter nicht auf ein von dem Verkehrsverstoß gefertigtes, bei den Akten befindliches Lichtbild von dem Betroffenen Bezug nimmt.
Verfahrensgang
AG Herne-Wanne (Entscheidung vom 27.11.2003) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 375,- EUR verurteilt. Zudem hat es unter Beachtung des § 25 Abs. 2 a StVG gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen überschritt der Betroffene am 26. Februar 2003 auf der BAB A 42 in Herne, Fahrtrichtung Dortmund, die an der Vorfallstelle auf 100 km/h begrenzte zulässige Höchstgeschwindigkeit um 71 km/h. Der Betroffene hat bestritten, den ihm zur Last gelegten Verkehrsverstoß begangen zu haben. Das Amtsgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen auf ein vom Vorfall gefertigtes Lichtbild/Radarfoto sowie die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen für anthropologische Vergleichsgutachten Dr. S. gestützt. Zur Begründung der getroffenen Feststellungen hat das Amtsgericht Folgendes ausgeführt:
"Dieser Sachverhalt ist zur Überzeugung des Gerichts erwiesen aufgrund der in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 4/32 d.A., des Gutachtens des Sachverständigen Dr. S. und aufgrund gerichtsbekannte Tatsachen."
...
"Zur Klärung der Frage, ob der Betroffene Fahrer des oben genannten Pkw zur Tatzeit gewesen ist, welches ihm als Firmenfahrzeug zur Verfügung steht, hat das Gericht neben der Inaugenscheinnahme des Betroffenen, der erhebliche Ähnlichkeit mit der Person aufweist, die auf dem Radarfoto abgebildet ist, zur Ausschließung letzter Zweifel einen Sachverständigen für anthropologische Vergleichsgutachten beauftragt.
In der Hauptverhandlung ist der Sachverständige Dr. S. zu dem Ergebnis gekommen, dass der Betroffene ohne jeden Zweifel der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen ist.
Der Sachverständige hat dabei diverse spezifische Merkmale der Person auf dem Lichtbild in Vorbereitung des Termins erfasst und diese mit dem Betroffenen im Rahmen der Hauptverhandlung gegenübergestellt. Dabei hat sich nicht in einem einzigen Punkt eine Abweichung zwischen den Personen ergeben. Die wichtigsten Punkte lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Stirn: steiler Anstieg der Stirnkontur
Nasenwurzel: flachbogig ansteigend
Augenbrauen: starke Dichte, ab Mitte gradlinig ansteigend
Oberlidregion: niedriges, wenig ausgeprägtes Oberlid, weit auseinander liegende Augäpfel
Nasenrückenprofilierung: Verbreiterung der Kuppe
Hautoberlippe: niedrige Hauptlippenzone
Hautunterlippe: keine Kinnlippenfurche
Kinnregion: gerader schmaler Formverlauf
Wangenbeine: anliegend
Gesichtsform: schildförmig schmal.
Der Sachverständige hat ausgeführt, dass sich bei keinem Merkmal eine irgendwie geartete Abweichung ergeben hätte. Bei fremden Personen wären jedoch solche von 80 % und bei engen Blutsverwandten solche von mindestens 30 % zu erwarten gewesen.
Zu seiner Methodik hat er ausgeführt, er werte die ihm zur Verfügung gestellten Lichtbilder unter Zuhilfenahme verschiedener technischer Hilfsmittel wie Lupe und Epidiaskop aus. Das ihm zur Verfügung gestellte Bildmaterial sei von guter Qualität. Von der Gesichtskontur seien genügend Einzelheiten abzunehmen gewesen. Nach Auswertung der Bilder werde eine jederzeit nachvollziehbare Merkmalserfassung erstellt. Bei der Gegenüberstellung in der Hauptverhandlung versuche er dann, die zuvor festgestellten Merkmale bei der lebenden Person wieder zu finden. Dies sei vorliegend zu 100 % möglich gewesen. Das Gericht hat sich dieser Einschätzung des Sachverständigen, dessen Sachkunde unzweifelhaft ist, angeschlossen.
Angesichts des soeben Ausgeführten vermag auch der Einwand der Verteidigung, der Betroffene habe 2 Brüder im Alter von 19 und 22 Jahren, nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen, da keine auch in diesem Fall zu erwartende Abweichung zwischen der Person auf dem Radarfoto und dem Betroffenen selbst feststellbar war und es darüber hinaus lebensfremd erscheint, dass der Betroffene Familienmitgliedern den Firmenwagen ohne zwingende Notwendigkeit überlassen hätte, ohne sich an ein solches Vorkommnis zu erinnern."
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er unter näheren Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Überprüfung des Urteils auf die vom Betroffenen erhobene Sachrüge hin lässt Rechtsfehler zu seinem Nachteil nicht erkennen. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die...