Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung über das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes ist außerdem eingehend zu begründen und mit ausreichenden Tatsachen zu belegen. Die ungeprüfte Wiedergabe einer Einlassung des Betroffenen reicht nicht aus.
Verfahrensgang
AG Soest (Entscheidung vom 02.06.2006) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Soest zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG eine Geldbuße von 150,- EUR festgesetzt, von der Verhängung eines Fahrverbotes jedoch abgesehen.
Das Amtsgericht hat zum Tatgeschehen folgende Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene befuhr am 20. November 2005 um 16:13 Uhr in Lippetal-Lippborg unter anderem den Mühlenweg in Fahrtrichtung Beckum mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXX. An der Örtlichkeit ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Verkehrszeichen auf 50 km/h beschränkt. Gleichwohl wurde das vom Betroffenen geführte Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 79 km/h in einer Entfernung von 196 Metern mit Hilfe des Lasergeschwindigkeitsmessgerätes Riegl durch PK W. gemessen. Das Gerät war ordnungsgemäß geeicht. Besonderheiten bei der Messung sind nicht zu tage getreten.
Unter Berücksichtigung der angemessenen Fehlertoleranz von 3 km/h ergibt dies eine vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung um 26 km/h, die der Betroffene hätte erkennen können und müssen."
Den Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht wie folgt begründet:
"Für diese Ordnungswidrigkeit ist unter Berücksichtigung der Voreintragung im Register des Kraftfahrtbundesamtes in der Bußgeldkatalogverordnung ein Regelfahrverbot von einem Monat vorgesehen. Außerdem ist eine Geldbuße von 50,00 EUR regelmäßig zu verhängen.
Das Gericht hat hier hinsichtlich des Fahrverbots von der Möglichkeit des § 4 Abs. 4 BKatV aufgrund der besonderen persönlichen Umstände des Betroffenen Gebrauch gemacht.
Der Betroffene führt zusammen mit seinen beiden Söhnen die von ihm gegründete F.W. GmbH. Es handelt sich hierbei um einen Containerdienst, der sich insbesondere auf den Transport von Schrott spezialisiert hat. Der eine der beiden Söhne des Betroffenen erledigt die Büroarbeiten, während der zweite Sohn und der Betroffene selbst die LKW fahren. Der Betroffene ist zu dieser Tätigkeit gezwungen, da er aufgrund seiner früheren Selbständigkeit lediglich eine Rente von 193,00 EUR bezieht. Seine Ehefrau verfügt über keine eigenen Einkünfte.
Die Firma erhält derzeit ausreichend Aufträge, um sowohl die beiden Söhne als auch den Betroffenen auszulasten und zu ernähren. Der Betroffene entnimmt aus der Firma monatlich durchschnittlich 2.000,00 EUR, von denen sowohl er als auch seine Frau leben.
Ein Urlaubsanspruch des Betroffenen besteht zwar, wird jedoch bereits seit Jahren von ihm nicht wahrgenommen. Aufgrund der derzeitigen Auftragslage wäre es für das Unternehmen auch nicht verkraftbar, wenn er nunmehr innerhalb der nächsten Monate seinen Urlaubsanspruch durchsetzen würde.
Unter Berücksichtigung dieser wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, insbesondere auch im Hinblick auf den Umstand, dass die GeschwindigkeitsÜberschreitung von 26 km/h im Hinblick auf die Vorbelastung von 27 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung als moderat anzusehen ist, hat das Gericht hier von der Verhängung des Fahrverbots abgesehen. Auch unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks, den das Gericht vom Betroffenen in der Hauptverhandlung gewinnen konnte, ist es hier noch ausreichend, auf den Betroffenen einzuwirken, indem die Geldbuße angemessen auf 150,00 EUR auch unter Berücksichtigung der Vorbelastungen erhöht wird. Der Anordnung des Fahrverbots bedarf es nicht."
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg, mit der sie eine Verletzung materiellen Rechts rügt und sich insbesondere gegen das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes wendet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt und ist dieser Rechtsbeschwerde beigetreten.
II.
Die zulässige und wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde führt zu einer Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch. Die Entscheidung des Amtsgerichts über das Absehen von der Verhängung des Fahrverbots hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht Stand.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu Folgendes ausgeführt:
"Zwar unterliegt die Entscheidung, ob trotz Vorliegens eines Regelfalls der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und demgemäß von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann, in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (zu vgl. BGH NZV 1992, 286, 288). Diesem ist jedoch insoweit kein rechtlich ungebundenes, freies Ermes...