Leitsatz (amtlich)
Zur Begründung der Entscheidung, vom Fahrverbot abzusehen.
Verfahrensgang
AG Bottrop (Entscheidung vom 10.03.2006) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch nebst den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bottrop zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen durch Urteil vom 10.03.2006 wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 28 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft gemäß § 24 StVG i.V.m. den §§ 3, 41, 49 StVO zu einer Geldbuße von 160,- EUR verurteilt.
Nach den Urteilsfeststellungen überschritt der Betroffene am 31.05.2005 gegen 11.44 Uhr mit dem auf den Namen seiner Firma zugelassenen PKW BMW auf der BAB A 42 in Fahrtrichtung Dortmund außerhalb geschlossener Ortschaft die im Bereich der Messstelle durch Verkehrszeichen 274 auf 80 km/h beschränkte Geschwindigkeit um 28 km/h. Der Messstelle ging ein sogenannter Geschwindigkeitstrichter voraus.
Nach den weiteren Feststellungen ist der Betroffene bereits straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten. Gegen ihn wurde durch die Bußgeldbehörde der Stadt Bremen vom 11.06.2004, rechtskräftig seit dem 09.02.2005, wegen einer am 17.01.2004 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 26 km/h eine Geldbuße in Höhe von 50,- EUR und durch die Bußgeldbehörde des Kreises Wesel am 03.05.2004, rechtskräftig seit dem 23.01.2005, wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 28 km/h ebenfalls eine Geldbuße in Höhe von 50,- EUR verhängt.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen hat das Amtsgericht festgestellt, dass dieser als Bereichsleiter bei der Firma N. GmbH tätig ist und dass seine Einkommensverhältnisse geregelt sind.
Den Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht wie folgt begründet:
"Der Bußgeldkatalog sieht bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 28 km/h außerhalb der geschlossenen Ortschaft zunächst nur eine Geldbuße in Höhe von 50,- Euro vor. Allerdings ist gem. § 4 Abs. 2 BKatV in der Regel auf ein Fahrverbot verwirkt, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeuges - wie hier - vgl. Ziff. 1 + 2 der Vorbelastungen - wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit der Rechtskraft dieser Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht.
Die Verhängung eines Fahrverbotes wäre eine Härte ganz außergewöhnlicher Art. Der Betroffene ist als Bereichsleiter in verantwortlicher Position bei der Firma N. tätig und in dieser Eigenschaft dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Der Betroffene ist lediglich einmal in der Woche in seinem Büro am Sitz der Firma in Rees tätig. Darüberhinaus nimmt er Aufgaben im Außendienst wahr. Mindestens einmal in der Woche sucht er die 100%ige Tochter der Firma N., die Firma MTT in Celle auf sowie die Produktionsstätte der Firma N. in Siegen-Kreuztal. Hier trägt der Betroffene die direkte Verantwortung gegenüber der Geschäftsleitung.
Im übrigen koordiniert der Betroffene den Einkauf der Rohmaterialien europaweit, unter anderem für die beiden Produktionsstätten in den Niederlanden und für die beiden Produktionsstätten in Frankreich. Hier muss sich der Betroffene häufig vor Ort einfinden, um die Einkaufsgespräche zu führen. An Urlaub stehen dem Betroffenen maximal zwei Wochen zusammenhängend zur Verfügung. Der Betroffene ist mittlerweile seit mehr als 36 Jahren im Besitz der Fahrerlaubnis.
Es ist daher von der Verhängung eines Fahrverbotes unter gleichzeitiger Heraufsetzung der Geldbuße abgesehen worden."
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Essen, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird und die sich insbesondere gegen das Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes richtet.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde unter Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch und unter ergänzenden Ausführungen beigetreten.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils im Rechtsfolgenausspruch.
Zwar unterliegt die Entscheidung, ob trotz Vorliegens eines Regelfalls der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und demgemäß von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann, in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (vgl. BGH NZV 1992, 286, 288). Dem Tatrichter ist jedoch insoweit kein rechtlich ungebundenes, freies Ermessen eingeräumt, das nur auf Vorliegen von Ermessensfehlern hin vom Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar ist, sondern der dem Tatrichter verbleibende Entscheidungsspielraum ist durch gesetzlich niedergelegte oder von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt und unterliegt insoweit hinsichtlich de...