Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung in einem notariellen Übertragsvertrag, die einen vormerkungsgesicherten Rückübertragsanspruch begründet "für den Fall der Unverträglichkeit, den der Übertragsgeber allein zu bestimmen hat," kann von dem Grundbuchamt im Verfahren nach § 22 Abs. 1 GBO nicht dahin ausgelegt werden, dass der Rückübertragungsanspruch oder auch nur die Vormerkung durch den Tod des Übertragsgebers auflösend bedingt ist, also auch dann erlischt, wenn der bereits zu Lebzeiten des Berechtigten entstandene Anspruch bis zu seinem Tod noch nicht durchgesetzt worden ist.

 

Normenkette

GBO § 23; BGB § 883

 

Verfahrensgang

AG Kamen (Aktenzeichen Grundbuch von Kamen Blatt 4533)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das eingangs genannte Grundstück gehörte ursprünglich den Eheleuten N und N2 zu je ½ Miteigentumsanteil. Diese übertrugen das Grundstück durch notariellen Vertrag vom 10.6.1997 im Wege vorweggenommener Erbfolge an ihren Sohn N3 (Urkunde Nr. 1.../1997 des Notars Q in L). In § 4 des Vertrages gewährte der Übertragsnehmer den Übertragsgebern auf deren Lebenszeit ein in der Ausübung unentgeltliches Altenteil, das insbesondere aus einem Wohnungsrecht der Übertragsgeber an bestimmten Räumen und der Verpflichtung des Übertragsnehmers zur Pflege der Berechtigten bestand. In § 9 vereinbarten die Vertragsbeteiligten einen Rückübertragungsanspruch "für den Fall der Unverträglichkeit, den der Übertragsgeber allein zu bestimmen hat". Zur Sicherstellung des Altenteils und des Rückübertragungsanspruchs bewilligten die Vertragsparteien die Eintragung beider Rechte in Abt. II des Grundbuchs.

Am 10.7.1997 wurde N3 als Eigentümer in Abt. I des Grundbuchs und wurden zugunsten der Übertragsgeber in Abt. II des Grundbuchs unter lfd. Nr. 3 ein Altenteil und unter lfd. Nr. 4 eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen.

N3 verstarb am 5.1.1998 und ist von seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1), allein beerbt worden. Diese wurde am 13.7.1998 als Alleineigentümerin gebucht.

Der Berechtigte N2 verstarb am 9.3.2006, die Berechtigte N am 8.6.2008. N2 ist von seiner Ehefrau, seinen nachverstorbenen Söhnen N4 (gest. am 21.6.2008) und N5 (gest. am 26.4.2009) sowie von seiner Enkelin I (einer Tochter von N3), N ist von ihrem nachverstorbenen Sohn N5 und ihrer Enkelin I beerbt worden.

Mit notariellem Vertrag vom 4.11.2009 verkaufte die Beteiligte zu 1) ihr Grundstück an die Beteiligten zu 2) (Urkunde Nr. 6.../2009 des Notars Q in L) und ließ es auf. Zugunsten der Erwerber wurde am 9.11.2009 eine Auflassungsvormerkung eingetragen.

Unter Bezugnahme auf den notariellen Vertrag vom 4.11.2009 stellte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 14.1.2010 den Antrag, die Rechte in Abt. II lfd. Nr. 3 und 4 zu löschen.

Mit Zwischenverfügung vom 18.1.2010 wies der Rechtspfleger des Grundbuchamts darauf hin, dass zur Löschung des Rechts Abt. II Nr. 4 noch die Löschungsbewilligung der Erben der Berechtigten in öffentlich beglaubigter Form erforderlich sei. Hierauf könne nicht verzichtet werden, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Übertragsgeber zu Lebzeiten ihren Rückübertragungsanspruch geltend gemacht hätten, ohne dass es zu einer Eigentumsumschreibung gekommen ist. In diesem Fall sei der Rückübertragungsanspruch auf die Erben übergegangen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, das Rückübertragungsrecht sei höchstpersönlich und könne daher nicht auf die Erben übergegangen sein.

Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Senat zur Entscheidung vor.

II. Da das Verfahren durch einen nach dem 31.8.2009 gestellten Antrag bei dem Grundbuchamt eingeleitet worden ist, ist zuständiges Beschwerdegericht gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG, § 72 GBO n.F. das OLG. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch sonst zulässig. Da das FGG-RG die Eigenständigkeit der Vorschriften der §§ 71 ff. GBO betreffend die Beschwerde in Grundbuchsachen nicht berührt hat, verbleibt es bei den in der bisherigen Entwicklung der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Zulässigkeit der Beschwerde. Dazu gehört, dass die Rechtsmittelfähigkeit einer Zwischenverfügung des Grundbuchamtes anerkannt ist, obwohl es sich dabei nicht um eine instanzabschließende Entscheidung handelt (BGH NJW 1994, 1158); § 58 Abs. 1 FamFG ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar.

Der Urkundsnotar hat in seiner Rechtsmittelerklärung nicht ausdrücklich klargestellt, in wessen Namen die Beschwerde erhoben werden soll. Der Senat legt diese Erklärung dahin aus, dass die Beschwerde nur namens der Beteiligten zu 1) als der bisher eingetragenen Eigentümerin eingelegt werden soll. Denn der mit der Zwischenverfügung beanstandete Löschungsantrag ist auf eine Grundbuchberichtigung aufgrund nachgewiesener Unrichtigkeit gerichtet (s. dazu nachstehend). Beschwerdebefugt ist in einem solchen Verfahren nur derjenige, dem materiell-rechtlich ein Grundbuchberichtigungsanspruc...

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