Leitsatz (amtlich)
Der verspätete Beginn der Hauptverhandlung beendet die Pflicht des Angeklagten zur Anwesenheit nicht. Die Verzögerung des Verhandlungsbeginns über die festgesetzte Stunde hinaus gibt dem Angeklagten in der Regel auch kein Recht auf Aussetzung, denn eine solche Verzögerung muss, wenn sie sich in vernünftigen Grenzen hält, vom Angeklagten und Verteidiger von vornherein bei der zeitlichen Terminsplanung in Rechnung gestellt werden.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Entscheidung vom 01.03.2005) |
LG Bielefeld (Entscheidung vom 14.01.2005) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Angeklagte trägt die Kosten beider Rechtsmittel.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Minden vom 19.10.2004 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld Berufungshauptverhandlungstermin auf den 14.01.2005 um 11.00 Uhr anberaumt. Zwei Anträge des Angeklagten auf Terminsverlegung vom 05.01.2005 und 10.01.2005, mit denen geltend gemacht worden war, der Angeklagte müsse am 14.01.2005 einen seit langem feststehenden und für ihn existenziell lebensnotwendigen Geschäftstermin in Dänemark wahrnehmen, dessen Gegenstand gesellschaftsrechtliche Fragenstellungen über die Firma A.P. GmbH seien, wurden durch Beschlüsse des Landgerichts Bielefeld vom 06.01.2005 und 10.01.2005 zurückgewiesen. Bei Aufruf der Sache am 14.01.2005, der verspätet, nämlich erst um 11.45 Uhr erfolgte, waren weder der Angeklagte noch sein Verteidiger anwesend. Das Landgericht Bielefeld verwarf daraufhin durch Urteil vom 14.01.2005 die Berufung des Angeklagten gemäß § 329 StPO. Zur Begründung führte das Landgericht u.a. aus, der Umstand, dass der Angeklagte, wie durch seinen Verteidiger in den abschlägig beschiedenen Verlegungsanträgen ausgeführt worden sei, am 14.01.2005 in Ejsberg/Dänemark einen "seit langem feststehenden Geschäftstermin", dessen "Gegenstand gesellschaftsrechtliche Fragestellungen über die A.P. GmbH" seien, wahrgenommen habe, könne sein Ausbleiben nicht genügend entschuldigen. Es sei weder konkret dargetan noch glaubhaft gemacht worden, wann der Geschäftstermin anberaumt worden sei, warum der Geschäftstermin nicht zu verlegen und warum die Anwesenheit des Angeklagten bei dem Geschäftstermin erforderlich sei. Der Verteidiger des Angeklagten, dem das Urteil am 08.02.2005 zugestellt worden ist, beantragte mit Schriftsatz vom 15.02.2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung mit der Begründung, dem Antrag müsse stattgegeben werden, da nicht der Angeklagte sein Verhalten zu entschuldigen habe, sondern das Gericht zum anberaumten Termin nicht anwesend gewesen sei. Gleichzeitig legte der Verteidiger gegen das Urteil vom 14.01.2005 Revision ein, die er mit Schriftsatz vom 14.03.2005 näher begründet hat und mit der er eine Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Das Landgericht Bielefeld hat mit Beschluss vom 01.03.2005 das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, der Umstand, dass die auf 11.00 Uhr terminierte Sache erst um 11.45 Uhr aufgerufen worden sei, weil die Berufungsverhandlung in einer anderen verhandelten Sache länger als vorgesehen gedauert habe, entschuldige das Ausbleiben des Angeklagten schon deshalb nicht, weil dieser auch nicht zur vorgegebenen Zeit um 11.00 Uhr erschienen sei. Dass der Verteidiger des Angeklagten von 10.50 - 11.30 Uhr anwesend gewesen sei, sei unerheblich, weil der Angeklagte durch den Verteidiger ohnehin nicht in zulässiger Weise hätte vertreten werden können.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 11.03.2004.
II.
1.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Denn der Angeklagte hat zur Entschuldigung geeignete Tatsachen weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, wie es für eine Wiedereinsetzung erforderlich wäre (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 329 Randziffer 42). Auf den verspäteten Aufruf der Sache kann er sich nicht mit Erfolg berufen. Denn ein verspäteter Beginn der Hauptverhandlung beendet die Pflicht des Angeklagten zur Anwesenheit nicht (vgl. Gössel in L-R, StPO, 25. Aufl., § 329 Randziffer 8). Der Angeklagte hat auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass ihm um 11.45 Uhr ein Erscheinen in der Hauptverhandlung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist. Vielmehr lässt sich aus seinem Vorbringen nicht einmal entnehmen, dass der verzögerte Beginn der Hauptverhandlung kausal für sein Nichterscheinen gewesen ist, da er nicht behauptet, dass er am 14.01.2005 11.00 Uhr bei Gericht erschienen ist, sondern in seiner Beschwerdebegründung ausdrü...