Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 26.03.2012; Aktenzeichen 6 O 504/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 16.01.2013; Aktenzeichen IV ZB 32/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) vom 10. April 2012 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 26. März 2012 insoweit aufgehoben, als der Beschwerdeführerin zu 1) Rechtsanwalt M aus I beigeordnet worden ist.

Im Übrigen werden die sofortigen Beschwerden der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrer verstorbenen Mutter, die Beklagte und Beschwerdeführerin zu 1) ist die Schwiegertochter der Erblasserin und Schwägerin der Klägerin. Die Klägerin macht im vorliegenden Rechtsstreit als Nachlassforderung Zahlungsansprüche aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Beschwerdeführerin zu 1) mit der Begründung geltend, die Erblasserin habe zu Lebzeiten Pflegegeld und Miete an die Beschwerdeführerin zu 1) gezahlt, obwohl diese aufgrund notariellen Vertrages vom 06. März 1995 der Erblasserin zur unentgeltlichen Wohnungsgewährung und zur Pflege verpflichtet gewesen sei.

Der Beschwerdeführerin zu 1) ist antragsgemäß zur Rechtsverteidigung gegen die Klage mit Beschluss des Landgerichts vom 06. Januar 2012 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihr mandatierten Rechtsanwalts I2, des Beschwerdeführers zu 2), bewilligt worden.

Die Klägerin dieses Rechtsstreits war zuvor im Verfahren 6 O 456/11 LG Bielefeld von den beiden Kindern der Beschwerdeführerin zu 1), die als Rechtsnachfolger ihres vorverstorbenen Vaters, des Bruders der hiesigen Klägerin und Ehemannes der hiesigen Beschwerdeführerin zu 1), Pflichtteilsberechtigte sind, auf Pflichtteilszahlung und Auskunft in Anspruch genommen worden, wobei beide durch den Beschwerdeführer zu 2) vertreten worden sind. Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 13. Januar 2012 den beiden Kindern der Beschwerdeführerin zu 1) den Streit mit dem Hinweis verkündet, sie partizipierten als Pflichtteilsberechtigte an der Erhöhung des Nachlasswertes, die bei erfolgreicher Klage gegen die Beschwerdeführerin zu 1) eintrete, weshalb der Beschwerdeführer zu 2) sich in einem erheblichen Interessenkonflikt befinde.

Das Landgericht hat daraufhin mit dem angefochtenen Beschluss die im Beschluss vom 06. Januar 2012 erfolgte Beiordnung des Beschwerdeführers zu 2) rückwirkend aufgehoben und der Beschwerdeführerin zu 1) stattdessen Rechtsanwalt M aus I beigeordnet. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beschwerdeführer zu 2) befinde sich in einer Interessenkollision und dürfe daher gem. § 43 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in Verbindung mit § 43a Abs. 4 BRAO und § 3 Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) die Beschwerdeführerin zu 1) im vorliegenden Rechtsstreit nicht vertreten. Das Verfahren 6 O 456/11 und der vorliegende Rechtsstreit beträfen dieselbe Rechtssache, da maßgeblicher Verfahrensgegenstand in beiden Verfahren der Bestand bzw. die Höhe des Nachlasses der Erblasserin sei.

Auch sei ein Interessenwiderstreit der vom Beschwerdeführer zu 2) vertretenen Parteien gegeben, weil die Kinder der Beschwerdeführerin zu 1) an einem möglichst großen Nachlass interessiert seien, während die Beschwerdeführerin zu 1) im vorliegenden Verfahren ein Interesse daran habe, Bereicherungsansprüche der Klägerin abzuwehren, die den Nachlass vergrößern würden. Unerheblich sei, ob die Parteien, die der Anwalt vertrete, darüber informiert und damit einverstanden seien; denn das Verbot der Doppelverteidigung unterliege nicht der Dispositionsbefugnis der Parteien.

Auch wenn die rückwirkende Aufhebung der Anwaltsbeiordnung grundsätzlich nicht zulässig sei, sei hier eine Ausnahme gerechtfertigt, weil der Anwaltsvertrag nach § 134 BGB wegen der Vertretung widerstreitender Interessen nichtig sei und folglich keine Vergütungsansprüche des beigeordneten Anwalts bestünden. Eine Schutzwürdigkeit des Beschwerdeführers zu 2) sei nicht gegeben, weil ihm die familiäre Verbundenheit seiner Mandanten und die daraus folgende Interessenproblematik bekannt gewesen sei.

Rechtsanwalt M sei beigeordnet worden, weil die Beschwerdeführerin zu 1) trotz Aufforderung keinen anderen Anwalt benannt habe.

Dagegen richten sich die sofortigen Beschwerden, die der Beschwerdeführer zu 2) im eigenen Namen und zugleich für die Beschwerdeführerin zu 1) eingelegt hat. Die Beschwerdeführer rügen, das Landgericht habe zu Unrecht die erst durch den Erbfall entstehende Interessenkollision maßgeblich in die Wertung einbezogen. Auch habe das Gericht verkannt, dass hier eine Verwendung von aus der früheren Rechtsberatung dem Anwalt anvertrauten Umständen in dem Prozess der Beschwerdeführerin zu 1) ausgeschlossen sei, weil beide Lebenssachverhalte in tatsächlicher Hinsicht nichts miteinander zu tun hätten. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kön...

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