Leitsatz (amtlich)

Zahlt ein Beklagter nach Widerspruchseinlegung im Mahnverfahren und vor Abgabe an das Streitgericht einen Teilbetrag, so dass sich der Streitwert für den Rechtsstreit auf unter 5 000 EUR reduziert, ist damit das Amtsgericht zuständig geworden. Die Rechtshängigkeitswirkung des § 261 III Nr. 2 ZPO tritt erst mit Akteneingang beim Prozessgericht ein. Eine Verweisung des Rechtsstreits von dem im Mahnverfahren noch als Streitgericht benannten Landgericht an das Amtsgericht setzt in diesen Fällen aber voraus, dass der Kläger seinen Klageantrag mit einer noch dem Mahngericht gegenüber abgegebenen Teilerledigungserklärung entsprechend reduziert hat, weil erst die Antragsreduzierung die Reduzierung des Streitwerts bewirkt. Wird dieser Umstand vom verweisenden Landgericht nicht berücksichtigt, kann ein nur einfacher Rechtsfehler vorliegen, der die Bindungswirkung des landgerichtlichen Verweisungsbeschlusses nicht aufhebt.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281 Abs. 2 S. 4

 

Verfahrensgang

AG Unna (Aktenzeichen 32 SA 37/18)

 

Tenor

Sachlich zuständig ist das Amtsgericht Unna.

 

Gründe

I. Der Rechtsstreit liegt dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.

Dem Rechtsstreit liegt - soweit für das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren von Belang - im Kern folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallgeschehen vom XX.02.2016 in Anspruch.

Dem Rechtsstreit ist ein Mahnverfahren vor dem AG Hagen - Mahnabteilung - vorausgegangen. Am 07.02.2017 ist der Antrag des Klägers auf Erlass eines Mahnbescheides bei dem AG Hagen eingegangen. Gegenstand der im Mahnverfahren geltend gemachten Hauptforderung war eine Schadensersatzforderung in Höhe von 5.337,15 EUR zzgl. Nebenforderungen. Als Prozessgericht, an das im Falle des Widerspruchs das Verfahren abzugeben sei, ist das Landgericht Dortmund benannt worden.

Nach Erlass des Mahnbescheides am 08.02.2017 und Zustellung an die Beklagte zu 1) am 10.02.2017 und an die Beklagte zu 2) am 13.02.2017 haben die Beklagten jeweils am 21.02.2017 Widerspruch erhoben. Daraufhin ist das Verfahren am 17.03.2017 an das Landgericht Dortmund abgegeben worden, wo die Verfahrensakten am 28.03.2017 eingegangen sind.

Zwischen Erhebung des Widerspruchs am 21.02.2017 und Abgabe der Verfahrensakten an das Landgericht Dortmund am 17.03.2017 hat die Beklagte zu 2) am 16.03.2017 einen Teilbetrag in Höhe von 3.916,80 EUR reguliert.

Mit klagebegründendem Schriftsatz vom 14.02.2018 hat der Kläger daraufhin den Rechtsstreit in Höhe der v.g. Summe teilweise für erledigt erklärt und im Übrigen den Antrag aus dem Mahnbescheid gestellt.

Mit Verfügung vom 28.02.2018 hat das Landgericht Dortmund mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass es an der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts fehlen dürfte, da infolge der noch vor Abgabe der Verfahrensakten an das Landgericht Dortmund am 16.03.2017 erfolgten Zahlung und der nunmehr erklärten teilweisen Erledigung die Streitwertgrenze von 5.000,00 EUR nicht (mehr) erreicht sei.

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13.03.2018 die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Unna beantragt. Die Beklagten haben der Verweisung am 16.03.2018 zugestimmt.

Mit Beschluss vom 16.03.2018 hat das Landgericht Dortmund sich sodann für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 281 ZPO ohne mündliche Verhandlung mit dem vorangegangenen Hinweis entsprechender Begründung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, an das Amtsgericht Unna verwiesen.

Nach Akteneingang hat das Amtsgericht Unna den Beklagten zunächst mit Beschluss vom 06.04.2018 aufgegeben, auf die Klage binnen 3 Wochen zu erwidern.

Die Beklagten hatten zwischenzeitlich mit noch an das Landgericht Dortmund gerichtetem Schriftsatz vom 29.03.2018 die sachliche Zuständigkeit des Landgericht gerügt, sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen und im Übrigen Klageabweisung beantragt.

Mit Verfügung vom 27.04.2018 hat das Amtsgericht Unna nach Bearbeiterwechsel darauf hingewiesen, dass in Betracht gezogen werde, die Sache an das Landgericht Dortmund zurückzuverweisen, da das Landgericht seine Zuständigkeit ohne nachvollziehbare Begründung und damit objektiv willkürlich verneint habe. Das Landgericht habe gegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO verstoßen, da die Rechtshängigkeit infolge des Eingangs der Akten beim Landgericht bereits am 28.03.2017 eingetreten sei, die Reduzierung des Streitwertes aber erst danach, nämlich erst infolge der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers vom 14.02.2018 eingetreten sei. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Reduzierung des Streitwerts nicht schon zwischen Zustellung des Mahnbescheids und Eingang der Akten beim Landgericht durch die am 16.03.2018 erfolgte Zahlung bewirkt worden.

Mit Schriftsatz vom 18.05.2018 hat sich der Kläger der Auffassung des Amtsgerichts Unna angeschlossen und Rückverweisung an das Landgericht Dortmund beantragt.

Da...

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