Entscheidungsstichwort (Thema)
geänderte Rechtsprechung des BGH zur Rechts- und Parteifähigkeit einer GbR; Verzinsung der Erstattungsforderung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Klageerhebung durch eine GbR vor Bekanntwerden der maßgeblichen Entscheidung des BGH (BGH v. 18.2.2002 - II ZR 331/00, NJW 2002, 2307 f.) zur Rechts- und Parteifähigkeit der GbR ist eine nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erhöhte Prozessgebühr prozessnotwendig angefallen.
2. Entfällt die Kostengrundentscheidung erster Instanz durch eine Kostenregelung in dem in zweiter Instanz geschlossenen Prozessvergleich, sind die erstinstanzlichen Prozesskosten grundsätzlich erst ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Vergleichsabschluss zu verzinsen.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1, § 104 Abs. 1 S. 2; BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 12.08.2003; Aktenzeichen 17 O 99/01) |
Tenor
In Abänderung des angefochtenen Beschlusses werden die von der Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten anderweitig auf 6.386,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.6.2003 festgesetzt.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert bis zu 300 EUR.
Die außergerichtlichen Kosten den Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert bis zu 1.200 EUR tragen die Kläger zu 12 % und die Beklagte zu 88 %.
Gründe
Obwohl die Kläger ihren Zahlungs- und Feststellungsanspruch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltend gemacht haben, ist die Prozessgebühr ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten antragsgemäß mit insgesamt 16/10 in Ansatz zu bringen. Die Parteifähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann erst seit dem Beschluss des II. Zivilsenats (BGH, Beschl. v. 18.2.2002 - II ZR 331/00, NJW 2002, 2307 f.) als hinreichend geklärt angesehen werden. Bis dahin lag noch keine gesicherte Rechtsprechung in dieser Frage vor. Das Urteil des BGH (BGH, Urt. v. 29.1.2001 - II ZR 331/00, MDR 2001, 459 = BGHReport 2001, 237 m. Anm. Sprau = AG 2001, 307 = NJW 2001, 1056 ff.), in dem erstmals die Parteifähigkeit der GbR bejaht wurde, war lediglich ein Versäumnisurteil, gegen das Einspruch eingelegt wurde. Ihm standen zudem die Entscheidungen anderer Zivilsenate des BGH entgegen (BGH v. 26.3.1981 - VII ZR 160/80, BGHZ 80, 222 [227] = MDR 1981, 662; v. 6.10.1989 - V ZR 152/88, BGHZ 109, 15 [17 f.] = MDR 1990, 141). Bei Klageeinreichung am 10.4.2001 waren die Kläger daher gezwungen, selbst zu klagen und ihre gemeinsamen Prozessbevollmächtigten entsprechend zu beauftragen. Die durch die Einreichung der Klageschrift angefallene erhöhte Prozessgebühr ist damit in vollem Umfang ausgleichungsfähig (BGH, Beschl. v. 26.2.2003 - VIII ZB 69/02).
Folglich sind den erstattungsfähigen Kosten der Kläger weitere 864,08 EUR entsprechend 2/3 der 6/10-Erhöhung hinzuzurechnen.
Die mit der Beschwerde weiter verfolgte Verzinsung der dem Kläger für die Instanz zu erstattenden Kosten ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags erster Instanz ist hingegen zu Recht abgelehnt worden.
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs der Kläger für beide Instanzen ist ausschließlich der Prozessvergleich vom 10.4.2003. Durch die darin getroffene Kostenregelung hat das erstinstanzliche Urteil seine Eigenschaft als Kostengrundscheidung verloren (OLG Hamm v. 31.8.1992 - 23 W 428/92, OLGReport Hamm 1993, 30 = MDR 1993, 585; OLG Karlsruhe v. 23.1.1992 - 9 W 104/91, BRAK 1992, 228 = MDR 1992, 1007; OLG München v. 8.2.1996 - 11 W 749/96, OLGReport München 1996, 82 = MDR 1996, 532; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 104 Rz. 6, m.w.N.). Gemäß § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO kann Verzinsung der erstinstanzlichen Kosten daher erst ab Eingang des Kostenantrags nach Vergleichsabschluss ausgesprochen werden, es sei denn, die Parteien hätten den Fortbestand der erstinstanzlichen Kostenentscheidung im Vergleich vereinbart (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 104 Rz. 6, m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Es bleibt damit auch für die erstinstanzlichen Kosten bei dem im angefochtenen Beschluss festgelegten Zinsbeginn.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung entspricht dem Abänderungsinteresse.
Fundstellen
Haufe-Index 1369152 |
AGS 2005, 362 |
OLGR-Mitte 2005, 356 |