Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde, bei einem zur Ausreise verpflichteten Straftäter von der weiteren Strafvollstreckung abzusehen, liegt in deren pflichtgemäßem Ermessen und ist deshalb nur eingeschränkt einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich. Das OLG hat deshalb gem. § 28 Abs. 3 EGGVG nur zu prüfen, ob bei der Ermessensentscheidung rechtsfehlerfrei verfahren wurde, ob also die Vollstreckungsbehörde von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie die Grenzen des Ermessens eingehalten und von ihm in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die 3. große Strafkammer des Landgerichts Duisburg hat den Betroffenen am 05. Juli 2002 wegen schweren Raubes in zwei Fällen unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 17. Juni 2002 wegen Diebstahls (im besonders schweren Fall) in zwei Fällen verhängten Einzelstrafen von jeweils 9 Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Die Hälfte dieser Gesamtfreiheitsstrafe wird am 05. November 2005, 2/3 werden am 05. Februar 2007 verbüßt sein. Mit bestandskräftiger Ordnungsverfügung vom 07. Juli 2003 hat der Oberbürgermeister der Stadt Remscheid die Ausweisung und Abschiebung des Verurteilten angeordnet.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2005 hat der Betroffene beantragt, von der weiteren Vollstreckung der Freiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte der Strafe gem. § 456 a StPO abzusehen. Zur Begründung hat er ausgeführt, er müsse ohnehin auf Grund der Ausweisungsverfügung die Bundesrepublik Deutschland nach der Entlassung aus der Strafhaft verlassen. Er habe auch vor, wieder in Rumänien zu leben, weil dort seine Frau und der gemeinsame Sohn wohnen. In Rumänien sei es ihm außerdem möglich, in der örtlichen Schuhfabrik zu arbeiten. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass er sich bereits seit dem 7. Dezember 2001 in Haft befinde und zuvor schon eine Jugendstrafe von 6 Monaten verbüßt habe. Demgegenüber bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an einer nachhaltigen Strafvollstreckung im vorliegenden Fall nicht. Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat den Antrag mit Entschließung vom 30. Mai 2005 zurückgewiesen und dazu u. a. ausgeführt, eine über den Halbstrafenzeitpunkt hinausgehende Vollstreckung sei erforderlich, wenn dies aus besonderen, in der Tat und in der Persönlichkeit eines Verurteilten liegenden Gründen oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unabweisbar geboten sei. Das sei hier der Fall. Gleichzeitig hat die Staatsanwaltschaft angekündigt, es sei beabsichtigt, ab dem 08. November 2006 von der weiteren Strafvollstreckung abzusehen.
Gegen diese Entscheidung hat der Betroffene mit Schreiben vom 26. Mai 2005 Beschwerde eingelegt und dazu u. a. ergänzend ausgeführt, die ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft begnüge sich mit der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts und stelle keine Ermessensausübung dar. Besondere Umstände, die einem Absehen von weiterer Strafvollstreckung entgegenstehen könnten, seien aus der Tat nicht ersichtlich und auch die Verteidigung der Rechtsordnung gebiete nicht den weiteren Strafvollzug. Es sei schließlich auch zu berücksichtigen, dass seine an den damaligen Straftaten beteiligten Mittäter bereits sämtlich nach Verbüßung der Halbstrafe entlassen und nach Rumänien abgeschoben worden seien. Außerdem habe die damalige Verurteilung durch das Landgericht Duisburg auch "auf einem Deal" beruht, denn es sei ihm im Fall eines geständigen Verhaltens eine frühzeitige Abschiebung "in Aussicht gestellt" worden.
Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat die Beschwerde mit Entschließung vom 29. Juli 2005 zurückgewiesen und dazu u. a. ausgeführt, die weitere Vollstreckung der gegen den Betroffenen verhängten Freiheitsstrafe sei auch über die Verbüßung der Halbstrafe hinaus erforderlich, weil die dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten ganz erhebliche schulderhöhende Umstände aufwiesen. Ausweislich der Urteilsfeststellungen habe der Betroffene bereits kurz nach seinem Ausbruch aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee mit der Verwirklichung der dem Urteil des Landgerichts zu Grunde liegenden Straftaten begonnen. Dabei seien der Betroffene und seine Mittäter nicht davor zurückgeschreckt, unmittelbare körperliche Gewalt gegen ihre Opfer auszuüben. Aus vorangegangenen Verurteilungen ergebe sich im übrigen auch, dass solche Verhaltensweisen dem Betroffenen nicht wesensfremd seien.
Der zeitlichen Abfolge der Ein- und Ausreisen des Betroffenen sei schließlich zu entnehmen, dass dieser - offensichtlich zur Geldbeschaffung für das Leben in seinem Heimatland - versucht habe, seinen Lebensunterhalt im wesentlichen durch Straftaten zu bestreiten. Angesichts der besonderen Schwere der Schuld des Betroffenen, bei dem es sich um einen gefährlichen Raubtäter handele, sei deshalb eine über...