Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Mangel bei der Einberufung einer Eigentümerversammlung sowie Arglisteinwand bei Anfechtung des Beschlusses
Leitsatz (amtlich)
1. Unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges” kann nur über Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung beschlossen werden. Ein Beschluß, der dagegen verstößt, ist anfechtbar.
2. Ein Verstoß gegen das Gebot der Bezeichnung des Gegenstandes der Beschlußfassung in der Einladung wird nicht dadurch folgenlos, daß der anfechtende Eigentümer außerhalb der Einladung erfährt, worüber abgestimmt werden soll.
3. Ein Verzicht auf das v.g. Einberufungserfordernis bedarf der Zustimmung aller Wohnungseigentümer(§ 21 Abs. 1 WEG). Vertritt ein Eigentümer andere Wohnungseigentümer, so muß die ihm erteilte Vollmacht regelmäßig dahin ausgelegt werden, daß sie sich nur auf die Abstimmung zu den in dem Einladungsschreiben vorgesehenen Tagesordnungspunkten erstreckt.
4. Der anfechtende Wohnungseigentümer muß sich den Einwand der Arglist entgegenhalten lassen, wenn er sich in Kenntnis des Einberufungsmangels ausdrücklich mit der Beschlußfassung einverstanden erklärt. Er kann dann die Beschlußanfechtung nicht betreiben.
Normenkette
BGB §§ 167, 242; WEG § 21 Abs. 1, § 23 Abs. 2
Beteiligte
Rechtsanwälte H. L, T und C. L |
Verfahrensgang
LG Dortmund (Zwischenurteil vom 23.06.1991; Aktenzeichen 9 T 486/90) |
AG Dortmund (Zwischenurteil vom 12.06.1990; Aktenzeichen 48 II 8/89 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Wertfestsetzungen für die Vorinstanzen abgeändert werden.
Die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde einschließlich der notwendigen Auslagen der übrigen Beteiligten werden dem Beteiligten zu 1) auferlegt.
Der Gegenstandswert für das amtsgerichtliche Verfahren und das Verfahren der Erstbeschwerde wird auf je 67.000,00 DM und der für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde auf 60.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1. bis 11. bilden die Eigentümergemeinschaft der Wohnungseigentumsanlage in D, S-Straße, die bis zum 31.12.1988 vom Beteiligten zu 12) verwaltet wurde.
Wegen zahlreicher Wohnungseigentumsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten fanden im November 1988 mindestens zwei Besprechungen zwischen dem Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 12) in dessen Eigenschaft als damaliger Verwalter der Wohnungseigentumsgemeinschaft statt, in denen es um die Einberufung einer Eigentümerversammlung ging und anläßlich derer die zu behandelnden Tagesordnungspunkte besprochen wurden. Im Anschluß an diese Besprechungen verfaßte der Beteiligte zu 12. unter dem 28.11.1988 ein Einladungsschreiben zu einer Eigentümerversammlung am 12.12.1988 und legte folgende Tagesordnung fest:
„1.
Feststellung der Beschlußfähigkeit.
…
6.
Festlegung, daß alle Prozesse, die von den Eigentümern anhängig sind bzw. von dem Verwalter anhängig gemacht worden sind, zurückgenommen werden bei Gericht. Die Eigentümer haben jedoch das rückständige Wohngeld sofort und in voller Höhe zu zahlen.
…
9.
Sonstiges.”
In der Eigentümerversammlung vom 12.12.1989 waren Eigentümer mit 864, 5123/1000 Miteigentumsanteilen vertreten, darunter auch der Beteiligte zu 1) mit Vollmachten der Beteiligten zu 2), 7), 9) und 10). Unter TOP 1 wurde die Beschlußfähigkeit festgestellt. In dem Protokoll heißt es zu TOP 6 unter anderem:
„Nach Diskussion wurde festgestellt, daß alle strittigen Prozesse gegenseitig zurückgenommen werden, die noch anhängig sind. …
Dieser Beschluß wurde einstimmig gefaßt.”
Zu TOP 9 unter „Sonstiges” wurde ausweislich des Protokolls zu b) beschlossen:
„Es wurde festgestellt, nach Diskussion und Erörterung der Rechtslage, daß alle Prozeßkosten in der Jahresabrechnung 1988 von dem Verwalter S… auf die Eigentumsgemeinschaft nach Anteilen umgelegt werden. Dies trifft insbesondere auch auf den Prozeß wegen Entzug des Wohnungseigentums gegen die Eigentümerin Frau H… zu. Dies trifft ferner zu für alle Prozesse, die zurückgenommen werden bei Gericht. Der Wohngeldrückstandprozeß gegen die Eigentümerin H… wird jedoch in diese Regelung nicht einbezogen. Diese Kosten gehen allein zu Lasten der Eigentümerin Frau H… und zwar unabhängig davon, welche Kostenentscheidung bei Gericht getroffen wird.
Herr K… erklärte, daß er sich ungern an den Kosten beteiligten würde. Die Eigentümer erklärten, daß er hierzu verpflichtet sei, weil alle Streitigkeiten beendet werden sollten und sie sich auch an den Kosten beteiligen würden. Abstimmung: einstimmig = 864, 5123/1000 Anteile.”
Zu TOP 9 d) lautet es im Protokoll:
„Der Verwalter sagte zu, die Erklärungen (Zustimmung zu dem Kauf der Eigentumswohnung und des Dachbodens und Löschungsbewilligung bezüglich der Eintragung im Grundbuch) abzugeben, nachdem alle Eigentümer und Herr K… nunmehr seine Verwalterstellung bis zum 31.12.1988 anerkannt hätten.”
Mit am 10.01.1989 beim Amtsgericht … eingegangenen Schreiben vom 07.01.1989 beantragte der Beteiligte zu 1), das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 12....