Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung von Krankheitskosten bei beihilfeberechtigtem Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Der in einer privaten Rentenversicherung mitversicherte Ehepartner, bzw. als Ehepartner Beihilfeberechtigte hat einen Anspruch darauf, von dem getrenntlebenden Ehegatten, der Versicherungsnehmer ist bzw. von dem sich die Beihilfenansprüche ableiten, bevollmächtigt zu werden, Krankheitskosten eigenständig abrechnen zu dürfen.
Normenkette
BGB § 1353 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Rahden (Beschluss vom 20.12.2006; Aktenzeichen 7 F 320/06) |
Tenor
Der Beschluss des FamG vom 20.12.2006 wird - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen-, dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin für ihren Antrag vom 7.11.2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin insoweit bewilligt wird, als sie eine Vollmacht für die Beantragung von Leistungen ggü. der Krankenkasse für sich begehrt.
Gründe
I. Die Parteien sind getrenntlebende Ehegatten.
Der Antragsgegner ist pensionierter Postbeamter.
Er hat ggü. der Postbeamtenkrankenkasse Krankenversicherungsansprüche. Die Postbeamtenkrankenversicherung bearbeitet zudem die Ansprüche auf Beihilfe nach den Beihilfevorschriften des Bundes.
Die Antragstellerin hat als Ehegattin ebenfalls Ansprüche ggü. der Krankenkasse. Antragsberechtigt ist jedoch der Antragsgegner.
Dieser weigert sich, der Klägerin eine Vollmacht zu erteilen, nach der sie ihre Ansprüche und die des bei ihr lebenden gemeinsamen Kindes S, geb. am xxx, bei der Krankenversicherung selbst geltend machen kann.
Er ist nicht bereit, ein dafür von der Krankenversicherung vorbereitetes Vollmachtsformular (Bl. 6 d.A.) zu unterzeichnen.
Das FamG hat den Antrag der Antragstellerin auf Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, für den Anspruch bestehe keine Anspruchsgrundlage.
II. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
Soweit die Antragstellerin eine Vollmacht begehrt, ihre eigenen Krankheitskosten ggü. der Krankenversicherung abzurechnen, besteht der Anspruch gem. § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB.
Zwischen Ehegatten besteht die gegenseitige Pflicht zur Achtung der Persönlichkeit des anderen. Das gilt auch nach Trennung der Eheleute (Staudinger - Hübner/Voppel, BGB, § 1353 BGB, 13. Aufl. (2000), Rz. 46).
Dabei verdient der Inhalt höchstpersönlicher Vertrauensverhältnisse des Ehegatten mit einem Dritten Schutz ggü. der Kenntnis des anderen Ehegatten (Staudinger, a.a.O., Rz. 49). Das gilt insbesondere für Daten, die sich aus dem Arzt-Patientenverhältnis ergeben.
Da keine schutzwürdigen Interessen des Beklagten erkennbar sind, die gegen eine Vollmachtserteilung sprechen können, besteht die Verpflichtung des Antragsgegners der Intimsphäre der Antragstellerin dadurch Rechnung zu tragen, dass ihr das Recht eingeräumt wird, sie selbst betreffende Leistungen ggü. der Krankenkasse auch selbst abzurechnen (vgl. Palandt - Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1353 Rz. 9; so auch bereits AG Freiburg v. 8.12.1992 - 46 F 265/92, FamRZ 1993, 1443 und AG Karlsruhe v. 9.8.1996 - 1 F 81/96, FamRZ 1997, 941).
Diese Verpflichtung besteht jedoch für die Ansprüche ggü. der Krankenkasse bezüglich des gemeinsamen minderjährigen Kindes nicht.
Die Kindesmutter bzw. das Kind haben keinen Rechtsanspruch darauf, dass der Antragsgegner nicht über den Gesundheitszustand des Kindes durch Vorlage von Krankenunterlagen informatorisch Einblick erhält.
Dieses gilt zumindest insoweit, als die getrenntlebenden Eltern weiterhin gemeinsam das Recht der Gesundheitssorge für das Kind ausüben.
Fundstellen
Haufe-Index 1798390 |
FamRZ 2007, 1884 |
NJW-RR 2007, 1234 |
FamRB 2007, 323 |
NJW-Spezial 2007, 348 |
OLGR-Mitte 2007, 649 |
www.judicialis.de 2007 |