Leitsatz
Getrennt lebende Eheleute stritten sich um die Krankheitskosten der Ehefrau und deren Berechtigung, sie gegenüber der Beihilfe geltend zu machen. Der Ehemann war pensionierter Postbeamter. Er hatte gegenüber der Postbeamtenkrankenkasse Krankenversicherungsansprüche. Die Postbeamtenkrankenversicherung bearbeitete außerdem die Ansprüche auf Beihilfe nach den Beihilfevorschriften des Bundes.
Die Ehefrau hatte ebenfalls Ansprüche gegenüber der Krankenkasse. Antragsberechtigt war jedoch nur der Ehemann, der sich weigerte, ihr eine Vollmacht zu erteilen, nach der sie ihre Ansprüche und die des bei ihr lebenden gemeinsamen Kindes bei der Krankenversicherung selbst geltend machen konnte. Der Ehemann war nicht bereit, ein dafür von der Krankenversicherung vorbereitetes Vollmachtsformular zu unterzeichnen.
Die Ehefrau nahm den Ehemann über das FamG auf Erteilung einer entsprechenden Vollmacht gegenüber der Krankenversicherung in Anspruch. Die hierfür von ihr beantragte Prozesskostenhilfe wurde ihr vom FamG nicht gewährt. Hiergegen legte sie Beschwerde ein.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG bejahte den Anspruch der mitversicherten Ehefrau aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB, ihre eigenen Krankheitskosten eigenständig gegenüber der Beihilfestelle geltend zu machen.
Der beihilfeberechtigte Ehemann sei zur Erteilung einer entsprechenden Vollmacht verpflichtet. Zwischen Ehegatten bestehe auch nach der Trennung die gegenseitige Pflicht zur Achtung der Persönlichkeit des anderen. Dabei verdiene der Inhalt höchstpersönlicher Vertrauensverhältnisse des Ehegatten mit einem Dritten Schutz gegenüber der Kenntnis des anderen Ehegatten. Dies gelte insbesondere für Daten, die sich aus einem Arzt-Patientenverhältnis ergäben.
Schutzwürdige Interessen des Ehemannes seien nicht erkennbar, die gegen eine Vollmachtserteilung sprechen könnten. Es bestehe daher die Verpflichtung des Ehemannes, der Intimsphäre der Ehefrau dadurch Rechnung zu tragen, dass ihr das Recht eingeräumt werde, sie selbst betreffende Leistungen gegenüber der Krankenkasse auch selbst abzurechnen (vgl. Palandt - Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1353 Rz. 9; so auch bereits AG Freiburg v. 8.12.1992 - 46 F 265/92, FamRZ 1993, 1443 und AG Karlsruhe v. 9.8.1996 - 1 F 81/96, FamRZ 1997, 941).
Diese Verpflichtung bestehe jedoch für die Ansprüche gegenüber der Krankenkasse bezüglich des gemeinsamen minderjährigen Kindes nicht. Dies gelte zumindest insoweit, als die getrennt lebenden Eltern weiterhin gemeinsam das Recht der Gesundheitssorge für das Kind ausübten.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 09.02.2007, 5 WF 9/07