Leitsatz (amtlich)
Wird der in einem selbständigen Beweisverfahren verfolgte Anspruch im späteren Rechtsstreit geltend gemacht, hängt ein neben diesem Hauptanspruch verfolgter Anspruch auf Erstattung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von der Entscheidung über den Hauptanspruch ab. Er ist bei der Bemessung des Zuständigkeitsstreitwerts dann als abhängige Nebenforderung nicht zu berücksichtigen (§ 4 ZPO). Für diese Einordnung als abhängige Nebenforderung ist es unerheblich, welche subjektive Vorstellung der Kläger hinsichtlich der Einordnung der Nebenforderung im Hauptsachenprozess hat und ob er den Kostenerstattungsanspruch auf materiell-rechtlicher und/oder prozessualer Grundlage geltend macht.
Normenkette
ZPO §§ 4, 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das AG T bestimmt.
Gründe
I. Die klagenden Eheleute haben gegen den Beklagten beim LG I Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, an sie "6.351,35 EUR nebst Zinsen hieraus [...] zu zahlen".
Zur Begründung haben sie ausgeführt, sie hätten einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten, da dieser die vereinbarte Erneuerung von Türen und Fenstern fehlerhaft ausgeführt habe. Sie hätten die vertragsgemäße Leistung - entsprechend den Vorgaben eines Sachverständigengutachtens, das in einem von ihnen angestrengten selbständigen Beweisverfahren erstellt worden sei - durch Drittunternehmer herstellen lassen. Nach Verrechnung der hierfür erforderlichen Aufwendungen mit dem von ihnen bislang einbehaltenen Restwerklohn verbleibe ein Anspruch von knapp 40 EUR, der mit der Klage geltend gemacht werde. Wesentlicher Teil des Schadensersatzanspruchs seien die vorgerichtlichen und die durch das selbständige Beweisverfahren entstandenen Kosten von mehr als 6.300 EUR. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die vom Sachverständigen aufgeführten Leistungen über das Leistungsverzeichnis des Beklagten hinausgingen. Deshalb sei der vom Sachverständigen für die Erstellung eines mangelfreien Werks veranschlagte Betrag nur teilweise von ihm zu erstatten. Mit Blick auf den einbehaltenen Werklohnanteil müssten die Kläger noch eine Restzahlung an ihn leisten.
Auf einen Hinweis des LG I, dass es sachlich nicht zuständig sei, da es sich bei den geltend gemachten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens um Kosten des Hauptprozesses handele, die nicht streitwerterhöhend seien, haben die Kläger die Verweisung des Rechtsstreits "an das örtlich zuständige AG T" beantragt. Die Verweisung ist mit Beschluss vom 09.03.2016 erfolgt.
Das AG T hat mit Beschluss vom 08.04.2016 darauf hingewiesen, dass es nicht bereit sei, das Verfahren zu übernehmen. Da die Kläger einen materiellen Schadensersatzanspruch geltend machten, sei dieser Antrag für die Streitwertfestsetzung maßgeblich. Mit Beschluss vom 08.06.2016 hat es die Sache an das LG I zurückverwiesen. Die Verweisung durch das LG I sei willkürlich erfolgt. Der Streitwert liege über 5.000 EUR. Das LG I habe nicht erkannt, dass sich der Streitgegenstand durch den Klageantrag bestimme, der hier auf Zahlung von mehr als 6.000 EUR gerichtet sei. Auch der Klagebegründung sei zu entnehmen, dass Zahlung dieses Betrags begehrt werde.
Mit Beschluss vom 23.06.2016 hat das LG I die Sache dem Senat gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt. Dabei hat es ausgeführt, den bezifferten Zahlungsantrag der Kläger, da es sich bei den hierin auch geltend gemachten Kosten eindeutig um Kosten des Rechtsstreits handele, dahingehend ausgelegt zu haben, dass dieser lediglich den Antrag auf Tragung dieser Kosten des Rechtsstreits beziffere. Deshalb sei er bei der Bemessung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen.
II. Die in § 36 Abs.1 Nr. 6 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung liegen vor. Das LG I und das AG T haben sich jeweils für sachlich unzuständig erklärt. Das Oberlandesgericht Hamm ist als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.
Als zuständiges Gericht wird das AG T bestimmt.
Dies folgt bereits aus dem bindenden Verweisungsbeschluss des LG I vom 09.03.2016. Umstände, die ausnahmsweise die Bindungswirkung dieses Beschlusses entfallen lassen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Bindungswirkung gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO wird nicht schon durch die bloße Unrichtigkeit der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage infolge eines einfachen Rechtsirrtums des verweisenden Gerichts in Frage gestellt. Unbeachtlich ist ein solcher Beschluss nur dann, wenn er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er schwere offensichtliche Rechtsmängel aufweist oder gar jeder Rechtsgrundlage entbehrt und aus diesen Gründen objektiv willkürlich ist. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend - trotz der knappen Begründung des Verweisungsbeschlusses des LG I - nicht zu erkennen. Insbesondere musste das LG nicht allein wegen der Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in den bezifferten Klageantrag, der auch hierauf bezogenen Zinsforderung o...