Verfahrensgang
AG Minden (Aktenzeichen 15 OWiG 33 Js 1884/04 (762/04)) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Minden zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Minden hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 100,- Euro und einem Fahrverbot von 1 Monat verurteilt.
Das Amtsgericht hat zur Sache die folgenden Feststellungen getroffen:
"Am 15.01.2004 befuhr er gegen 20.28 Uhr die BAB # Q FR E mit seinem Fahrzeug ##-##.
In Höhe des Kilometers 283,850 - im Bereich einer 50 km/h -Beschränkung - wurde er vom Verkehrsmessgerät Multanova Typ MU VR 6 F, geeicht bis zum 31.12.2004, erfasst. Das Gerät wurde nach Segmentprüfung um 14.45 Uhr aufgestellt und war bis 21.30 Uhr in Betrieb.
Das klare Messfoto zeigt das Fahrzeug annähernd in Bildmitte, andere Fahrzeuge, die den Messvorgang beeinträchtigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Bis zum Messpunkt durchfuhr der Betroffene eine Fahrtstrecke mit folgender Beschilderung:km 281,950 Z. 123 Baustelle 800 m r+lkm 282,000 Z. 274 100 km/h r+lkm 282,150 Z. 500 Überleitung von drei auf zwei Fahrstreifen nach rechts 600 m r+lkm 282,250 Z. 274 80 km/h r+lkm 282,350 Z 500 Überleitung von drei auf zwei Fahrstreifen nach rechts 400 m r+lkm 282,450 Z.276 Überholverbot Lkw, Busse, Pkw m. Anhänger r+lkm 282,550 Z. 500 Überleitung von drei auf zwei Fahrstreifen nach rechts 200 m r+lkm 282,650 Z. 274 60 km/h mit Zusatzzeichen Radarkontrolle r+lkm 282,750 Z.276 Überholverbot f. Lkw, Busse, Pkw mit Anhänger r+lkm 282,850 Z. 500 Überleitung nach links 200 m r+lkm 283,030 Z. 274 50 km/h mit Zusatzzeichen Radarkontrolle r+lkm 283,300 Z. 274 50 km/h r+lkm 283,480 Z.274 50 km/h mit Zusatzzeichen Gefahrenstelle r+lkm 283,850 Standort der Radarmessstelle am rechten Fahrbahnrand.
Die von dieser Strecke vorhandene Bilderfolge wurde ebenfalls eingesehen und zur Urteilsgrundlage gemacht.
......
Damit war von einem Messwert von 82 km/h und einem verwertbaren Wert von 79 km/h auszugehen. Bei der Vielzahl der Warnhinweise, der Vielzahl der Schilder, teilweise mit Radarhinweis - jeweils beidseitig - ist das Gericht von Vorsatz ausgegangen.
Die Vielzahl der Hinweise auf 80 km/h, 60 km/h und letztlich 3 x 50 km/h, einmal mit Hinweis auf Radar, spricht dafür, dass hier gerade kein Übersehen Grundlage des Fahrverhaltens, sondern ein bewusstes Zuschnellfahren vorlag.
Damit liegt Vorsatz vor und es konnte nicht bei 50 Euro verbleiben. 100 Euro und ein Fahrverbot von 1 Monat erschien geboten."
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffen mit seiner Rechtsbeschwerde, die er mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts näher begründet hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil aufzuheben.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat zumindest vorläufig Erfolg.
Sie führt bereits auf die Verfahrensrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Minden.
Der Betroffene beanstandet in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S.2 StPO, 71 OWiG genügenden Form zu Recht, das Amtsgericht habe einen erforderlichen rechtlichen Hinweis nach § 265 Abs. 2 StPO auf die Möglichkeit der Verhängung eines Fahrverbotes nach § 25 StVG unterlassen.
Nach § 265 Abs. 1 StPO darf ein Angeklagter nicht aufgrund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne dass er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist. Ebenso ist gemäß § 265 Abs. 2 StPO zu verfahren, wenn sich erst in der Hauptverhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung rechtfertigen.
Auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist die Vorschrift des § 265 StPO anzuwenden (Göhler § 71, Rn 50 m.w. N.).
Daraus folgt, dass der Betroffene z.B. darauf hingewiesen werden muss, wenn die Festsetzung der Geldbuße auf eine andere Bußgeldvorschrift als die im Bußgeldbescheid angegebene gestützt wird.
Der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende Bußgeldbescheid des Kreises N vom 6.5.2004 sah ein Bußgeld wegen Geschwindigkeitsüberschreitung von 50,- Euro vor.
Die Nichtangabe der Schuldform im Bußgeldbescheid hat zur Folge, dass in der Regel von dem Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen ist (vgl. BayObLG DAR 1988, 368; OLG Hamm VRS 61, 292, 293; MDR 1973, 783; Göhler OWiG, 13. Aufl., § 71 Rn 50 mwN). Das hat die Verwaltungsbehörde erkennbar auch getan, denn sie hat sich mit ihren Sanktionen an die im Bußgeldkatalog vorgegebenen, von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen ausgehenden Regelsätze gehalten (vgl. §§ 1 II , 2 I BKatV).
Die Anordnung eines Fahrverbotes war dagegen im Bußgeldb...