Entscheidungsstichwort (Thema)
Umschreibung eines Titels im Verfahren nach den §§ 51a, 51b GmbHG
Leitsatz (amtlich)
Eine gegen die betroffene Gesellschaft im Verfahren nach den §§ 51a, 51b GmbHG ausgesprochene Verpflichtung zur Einsichtsgewährung in Bücher und Schriften sowie zur Erteilung von Auskünften kann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft nicht gem. § 727 ZPO gegen den Insolvenzverwalter umgeschrieben werden.
Normenkette
GmbHG §§ 51a, 51b; ZPO § 727
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 24.05.2007; Aktenzeichen 42 O 116/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgwiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden der Beteiligten zu 1) auferlegt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Durch Beschluss vom 18.5.2007 wurde die eingangs genannte GmbH dazu verpflichtet, dem Wirtschaftsprüfer G Einsichtnahme in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren sowie ihrer zu 1) beteiligten Gesellschafterin Auskunft darüber zu erteilen, ob die Gesellschaft andere Unternehmungen oder Unternehmensbeteiligungen erworben hat und um welche es sich ggf. handelt.
Mit Beschluss vom 22.8.2006 (162 IN 74/06) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Beteiligte zu 2) zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 5.12.2007 beantragte die Beteiligte zu 1), ihr eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses vom 18.5.2007 gegen den Beteiligten zu 2) zu erteilen.
Mit Beschluss vom 24.5.2007 wies die Rechtspflegerin des LG den Antrag zurück. Gegen diese ihren Verfahrensbevollmächtigten am 14.6.2007 zugestellte Entscheidung legte die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 28.6.2007, der am selben Tag bei dem LG eingegangen ist, sofortige Beschwerde ein. Die Rechtspflegerin half der Beschwerde mit Beschluss vom 18.9.2007 nicht ab und legte sie deshalb dem Senat zur Entscheidung vor.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Zuständig für die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen für und gegen einen Rechtsnachfolger gem. § 727 ZPO ist nach § 20 Nr. 12 RPflG der Rechtspfleger. Gegen dessen Entscheidung im ersten Rechtszug, mit der dieser die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung bzw. Titelumschreibung ablehnt, ist gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 727 ZPO kann gegen den Rechtsnachfolger des in dem Beschluss bezeichneten Schuldners eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden, wenn die Rechtnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Dabei wird der Begriff der "Rechtsnachfolge" weit verstanden, weil nach dem Zweck der Vorschrift ein neuer Prozess verhindert werden soll (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 727 Rz. 3).
Ein Wechsel der Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite liegt vor, wenn die Person, auf die der Titel umgeschrieben werden soll, den Anspruch des im Titel bezeichneten Schuldners erfüllen muss.
Grundsätzlich ist ein Insolvenzverwalter, gegen den vollstreckt werden soll, als Rechtsnachfolger des Insolvenzschuldners i.S.d. § 727 ZPO anzusehen (BGH Rpfleger 2005, 610 = DNotZ 2006, 44), so dass ein Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung gegen den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes beantragen kann (vgl. BGH Rpfleger 2006, 423 = DNotZ 2005, 840; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 727 Rz. 13; Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 727 Rz. 8 "Insolvenz").
Vorliegend besteht jedoch eine Besonderheit, die sich aus der Natur des für Beteiligte zu 1) titulierten Anspruchs ergibt. Es geht hier um ein Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbH, in dem eine Gesellschafterin ihren individuellen mitgliedschaftsrechtlichen Informationsanspruch zunächst gegen die Gesellschaft geltend gemacht und tituliert bekommen hat und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ggü. dem Insolvenzverwalter aufgrund einer Titelumschreibung durchsetzen will. Dies ist nicht möglich, weil die titulierte Auskunftspflicht der Gesellschaft nicht identisch ist mit der Auskunftspflicht des Insolvenzverwalters, dessen Befugnis zur Ausübung des Verwaltungs- und Verfügungsrechts des Schuldners nach § 80 Abs. 1 InsO durch den Insolvenzverfahrenszweck bestimmt und beschränkt ist (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbH, 9. Aufl., Vor § 64 Rz. 63).
Zwar besteht auch während der Insolvenz ein mitgliedschaftsrechtlicher Informationsanspruch der Beteiligten zu 1) nach § 51a Abs. 1 GmbHG. Deren Informationsrecht erlischt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht vollständig, auch ruht es nicht bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Jedoch muss die Beurteilung der Voraussetzungen und des Umfangs des Informationsrechts des Gesellschafters dem Funktionswandel seiner Gesellschafterstellung Rechnung tragen, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt. § 51a Abs. 1 GmbHG gewährt dem Gesellschafter ein umfas...