Verfahrensgang

AG Hamm (Entscheidung vom 17.08.2005; Aktenzeichen 33 F 406/04)

 

Gründe

Die Beschwerde, mit der die Rechtsanwälte der Antragstellerin die Erhöhung des Streitwerts für die Ehescheidung von 2.000,- EUR auf 4.800,- EUR erstreben, ist gemäß § 68 GKG zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von 200,- EUR überschritten, der sich nach der Differenz richtet, die sich ergibt, wenn man die Wahlanwaltsgebühren nach dem festgesetzten und dem angestrebten Streitwert vergleicht.

Die Beschwerde ist auch überwiegend begründet. Der gemäß § 48 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien sowie des Umfangs und der Bedeutung zu bestimmende Streitwert liegt höher als das Amtsgericht angenommen hat, erreicht aber nicht den von den Beschwerdeführern erstrebten Wert.

1.

Zwar entspricht die Bemessung des Streitwerts durch das Amtsgericht mit dem Mindestwert von 2.000,- EUR der bisherigen Rechtsprechung des Senats, diese ist aber überholt. Der Senat hat sie aufgegeben, denn nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.08.2005 (NJW 2005, S. 2980) ist nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, den Streitwert der Ehescheidung bei Bewilligung von ratenfreier Prozesshilfe für beide Parteien nur mit dem Mindestwert von 2.000,- EUR zu bemessen. Vielmehr muss auch in diesen Fällen das von den Eheleuten in den letzten drei Monaten vor Klageerhebung erzielte Einkommen Ausgangspunkt der Wertbemessung sein.

2. Ermittlung der Berechnungsgrundlage:

a)

Aus der Gehaltsabrechnung der Antragstellerin für Oktober 2004 ergibt sich ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.078,- EUR.

b)

Der Senat folgt der Praxis, für jedes unterhaltsberechtigte Kind ohne Rücksicht auf die tatsächliche Höhe der Unterhaltsansprüche einen Pauschalbetrag von 300,- EUR abzusetzen (Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 3, Rdnr. 16, Stichwort 'Ehesachen'; OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, S. 1135). Damit ist auch der Betreuungsaufwand mit abgegolten.

Wird die Unterhaltslast berücksichtigt, ist andererseits auch das Kindergeld als Einkommen anzurechnen.

c)

Nach der vorgelegten PKH-Erklärung hat die Antragstellerin auf bestehende Kreditverbindlichkeiten monatlich 170,- EUR abzuzahlen. Wie Schuldverbindlichkeiten bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen sind, ist zwar umstritten, mit dem Zweck, das Verfahren möglichst unkompliziert und rasch ablaufen zu lassen, ist aber nur vereinbar, Schulden ohne Rücksicht auf ihre Höhe, ihren Entstehungsgrund oder einen vorhandenen Gegenwert abzusetzen (Zöller, a.a.O.; OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, S. 1135).

d)

Auch die vom Antragsgegner bezogene Arbeitslosenhilfe in Höhe von monatlich 600,- EUR ist als Einkommen gemäß § 48 Abs. 3 GKG zu bewerten (OLG Dresden, FamRZ 2002, S. 1640 m.w.N.). Zwar besteht grundsätzlich Einigkeit, dass (subsidiäre) Sozialleistungen kein für die Streitwertfestsetzung relevantes Einkommen sind, es ist aber nicht ersichtlich, dass die Zahlung der Arbeitslosenhilfe hier subsidiär erfolgt, denn eine Unterhaltspflicht der Antragstellerin gegenüber ihrem Ehemann besteht nicht.

e)

Demnach ergibt sich folgende Berechnungsbasis:

Einkommen der Antragstellerin1.078,00 EUR

+ Kindergeld154,00 EUR

./. Kreditraten170,00 EUR

./. Unterhaltspauschale für Kilian300,00 EUR

Verbleiben762,00 EUR

Arbeitslosenhilfe des Antragsgegner600,00 EUR

anrechenbares Einkommen1.362,00 EUR

* 3 4.086,00 EUR

3. Abschläge:

Dieser Ausgangswert ist je nach Beurteilung der weiteren Kriterien des § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG anzuheben oder abzusenken. Da das Verfahren bezogen auf die Vermögensverhältnisse der Parteien, den Umfang und die Zeitdauer als unterdurchschnittlich einzustufen ist, bezogen auf die Bedeutung für die Parteien unter Berücksichtigung der Ehedauer und der Betroffenheit eines Kindes als durchschnittlich, hält der Senat für gerechtfertigt, den Ausgangswert um rund 10 % auf 3.600,- EUR zu reduzieren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2962496

FamRZ 2006, 806

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