Leitsatz (amtlich)
1. Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil sind sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Anspruch und der Trennung und Scheidung oder der Aufhebung der Ehe besteht; eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem geltend gemachten Anspruch und der Trennung und Scheidung oder der Aufhebung der Ehe bedarf es hierfür nicht.
2. Mit der Trennung der Eheleute entfällt der für die alleinige Rückführung einer Gesamtschuld durch einen Ehegatten sich aus den ehelichen Lebensverhältnisse ergebende rechtfertigende Grund mit der Folge, dass die Eheleute ab dem Zeitpunkt ihrer Trennung nach der Grundregel des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB im Innenverhältnis zu gleichen Teilen haften, wenn nicht ausdrücklich oder stillschweigend eine andere Vereinbarung getroffen worden ist.
Normenkette
FamFG § 266; BGB § 426
Verfahrensgang
AG Bottrop (Beschluss vom 05.08.2010; Aktenzeichen 13 F 277/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16.8.2010 wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Beschluss des AG - Familiengericht - Bottrop vom 5.8.2010, nach Übertragung der Entscheidung auf den Senat, abgeändert.
Der Antragstellerin wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X aus C bewilligt, soweit sie beantragt den Antragsgegner zu verpflichten, an sie 350 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinsatz aus 250 EUR seit dem 27.10.2009, sowie aus weiteren 100 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Gerichtsgebühr nach Nr. 1912 KV-FamGKG wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
I. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht in prozessualer und materiell-rechtlicher Hinsicht (§§ 113 I 1, 2 FamFG, 114 ZPO) zurückgewiesen.
II. Die gem. den §§ 113 I 1, 2 FamFG, 127 II 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur im tenorierten Umfang Erfolg.
1) Der vor dem Familiengericht gestellte Antrag ist zulässig.
Das Familiengericht ist für die Bearbeitung des Verfahrens gem. § 266 I Nr. 3 FamFG sachlich zuständig, denn bei dem von der Antragstellerin gestellten Antrag auf die Durchführung des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB handelt es sich um die Geltendmachung eines Anspruchs zwischen ehemals miteinander verheirateten Beteiligten im Zusammenhang mit der Trennung und Scheidung, für die keine besondere Zuständigkeit des Arbeits- oder Zivilgerichts gegeben ist und die auch nicht das Wohnungseigentums- oder das Erbrecht betreffen (vgl. Keidel-Giers, FamFG, 16. Aufl., § 266 Rz. 14; Zöller-Lorenz, ZPO, 28. Aufl., § 266 FamFG, Rz. 15).
Insoweit reicht es aus, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Anspruch und der Trennung und Scheidung besteht. Eines zeitlichen Zusammenhangs bedarf es nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, nicht (vgl. OLG Frankfurt NJW 2000, 1944 [1945]; FamRZ 2005, 1236 [1237]). Das betrifft diejenigen Darlehnsraten, die die Antragstellerin vor der Trennung in der Zeit von Juni 2006 bis einschließlich 17.6.2008 - durch Aufrechnung seitens der AfB - an die AfB geleistet hat. Hinsichtlich dieser Zahlungen besteht ein Rückforderungsanspruch der Antragstellerin, in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung, nicht. Auf die Frage, ob sich der Antragsgegner vor der Trennung der Eheleute indirekt, durch eine Teilhabe an den der Antragstellerin gewährten Sozialleistungen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft, an der Rückführung des Darlehns an die AfB beteiligt hat, kommt es daher nicht an.
Hinsichtlich der nach der Trennung von der Antragstellerin geleisteten Darlehnsraten stellt sich die Rechtslage anders dar, denn mit der Trennung der Beteiligten ist der Grund für die alleinige Rückführung der Gesamtschuld bei der ELE durch die Antragstellerin weggefallen. Damit greift die Grundregel des § 426 I 1 BGB ein, wonach die Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen haften, wenn nicht ausdrücklich oder stillschweigend eine andere Vereinbarung getroffen worden ist (vgl. BGH, a.a.O.). Für den Abschluss einer anderen Vereinbarung bestehen keine Anhaltspunkte.
b) Ausweislich der von der Antragstellerin zu den Akten gereichten Aufstellung der AfB vom 21.6.2010 hat sie nach der Trennung von Juli 2008 bis einschließlich Juni 2010 insgesamt 700 EUR an die AfB geleistet. Dafür, dass nach der räumlichen Trennung der Eheleute im Juni 2008 und der Aufhebung ihrer Bedarfsgemeinschaft noch Leistungen der AfB an die Antragstellerin für die ehemalige Bedarfsgemeinschaft der Beteiligten geflossen sind, mit der Folge, dass die von den Sozialleistungen einbehaltenen Darlehnsraten anteilig aus dem Einkommen beider beteiligten Eheleute getilgt worden sind, bestehen keine Anhaltspunkte. Der Ausgleichsanspruch der Ant...