Entscheidungsstichwort (Thema)
Lebensversicherung: Widerrufsbelehrung nach § 8 VVG
Leitsatz (amtlich)
Zu einer Belehrung nach § 8 VVG, wenn der Versicherungsnehmer einem sofortigen Beginn des Versicherungsschutzes zugestimmt hat. Die Angabe, dass im Falle einer Rückabwicklung ggf. auch Nutzungen herauszugeben sind, ist dann nicht erforderlich.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 115 O 33/21) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
1. Das Landgericht hat die auf Rückabwicklung eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages nach einem vom Kläger erklärten Widerruf gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe des Klägers aus der Berufungsbegründung vom 02.02.2022 (Bl. 37 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz, im Folgenden: eGA-II und für die erste Instanz eGA-I) greifen nicht durch.
a) Dem Kläger steht weder der geltend gemachten Auskunftsanspruch noch der bislang unbezifferte Leistungsanspruch zu. Steht fest, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt, ist die Stufenklage insgesamt abzuweisen unabhängig davon, dass sie sich gegenwärtig noch in der ersten Stufe befindet (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 28.11.2001 - VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, juris Rn. 20 a.E.).
So liegt es hier. Ein Zahlungsanspruch des Klägers besteht nicht. Er ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 9 VVG, 346 ff., 355, 357a BGB. Denn der vom Kläger im Dezember 2020 erklärte Widerruf erfolgte nicht fristgerecht. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen war in diesem Zeitpunkt lange abgelaufen. Der Lauf der Frist wurde bei Vertragsschluss im Jahr 2011 wirksam in Lauf gesetzt.
aa) Die dem Kläger im Versicherungsschein erteilte Belehrung war im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG deutlich gestaltet.
Sie ist nicht nur insgesamt in Kursiv- und Fettdruck gehalten, sondern zusätzlich durch eine schwarze Linie umrandet. Dadurch ist sie in einer Weise hervorgehoben, dass sie nach der tatrichterlichen Würdigung des Senats einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht entgehen konnte, auch wenn er nicht danach sucht (vgl. zu § 5a VVG a.F. BGH, Urteil vom 28.01.2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497, juris Rn. 18).
bb) Auch inhaltlich ist die Belehrung - jedenfalls für den hier in Rede stehenden Fall - ordnungsgemäß.
(1) Entgegen dem Berufungsvorbringen bürdet die Belehrung dem Versicherungsnehmer nicht in unzulässiger Weise ein Subsumtionsrisiko auf, weil sie Ausführungen sowohl zur Konstellation der erteilten Zustimmung zum sofortigen Versicherungsbeginn als auch dazu enthält, was gilt, wenn diese Zustimmung nicht erteilt wird.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass allein die Verwendung von Konditionalsätzen eine Belehrung keineswegs zwingend fehlerhaft macht, nur weil der Versicherungsnehmer in einem solchen Fall entscheiden muss, ob die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht (BGH, Beschluss vom 28.10.2020 - IV ZR 53/20, juris Rn. 14).
Auch vorliegend ist die Gestaltung der Belehrung unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Sie entspricht - worauf das Landgericht zu Recht hinweist - insoweit der Musterbelehrung. Die gegen die Belehrung von der Berufungsbegründung erhobenen Einwände sind offensichtlich unbegründet. Zwar ist bei einer Abweichung von der Musterbelehrung im Einzelfall zu entscheiden, ob die Belehrung in ihrer Gesamtheit ordnungsgemäß ist oder nicht. Das ändert aber nichts daran, dass sich schon der Musterbelehrung eindeutig entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber es für zulässig (und sogar geboten) hielt, dass die Belehrung verschiedene Fallkonstellationen abdeckte und zu ihrer Abgrenzung auch Konditionalsätze verwendete.
Im Übrigen ist entscheidend, dass der Versicherungsnehmer leicht beurteilen konnte, welche der Alternativen auf ihn zutrifft. Denn er wusste, ob er einem Beginn des Versicherungsschutzes vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt hatte oder nicht.
(2) Auch die fehlende Angabe, dass im Falle einer Rückabwicklung auch Nutzungen herauszugeben sind, macht die Belehrung im hier zu beurteilenden Fall nicht fehlerhaft.
(a) Allerdings trifft es zu, dass für den Fall, dass der Versicherungsschutz nicht vor dem Ende der Widerrufsfrist beginnt, eine solche Angabe erforderlich ist, was nicht zuletzt dadurch deutlich wird, dass sie auch in der Musterbelehrung enthalten ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.05.2019 - 12 U 141/17, VersR 2019, 865).
(b) Im vorliegenden Fall ist das Fehlen dieser Angabe jedoch deshalb unschädlich, weil der Kläger als Ver...