Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung eines Anspruchs aus einer Gewinnzusage
Leitsatz (amtlich)
1. Falls absehbar ist, dass die Vollstreckung gegen eine im Ausland ansässige Briefkastenfirma keinen Erfolg haben kann, ist zu erwägen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung als mutwillig i.S.v. § 114 ZPO anzusehen.
2. Für die Klage aus einer Gewinnzusage eines ausländischen Unternehmens, die an einen im Inland ansässigen Verbraucher gerichtet ist, besteht nach dem EuGVVO grundsätzlich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
3. Eine Gewinnzusage liegt nicht schon dann vor, wenn durch drucktechnische Maßnahmen bestimmte Passagen eines Fließtextes, die für sich allein als Gewinnzusage verstanden werden könnten, reißerisch hervorgehoben sind, während dem Gesamttext ein solcher Inhalt nicht entnommen werden kann.
Normenkette
BGB § 661a; ZPO § 114; EuGVVO Art. 5, 15-16
Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 19.01.2005; Aktenzeichen 1 O 158/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Das LG hat ihr die für die beabsichtigte Klage auf Auszahlung einer Gewinnzusage nach § 661a BGB nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu Recht verweigert.
1. Es kann dahinstehen, ob Prozesskostenhilfe bereits deshalb nicht bewilligt werden kann, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig i.S.v. § 114 ZPO erscheint. Das OLG Dresden (OLG Dresden NJW-RR 2004, 1078) nimmt dies mit beachtlichen Gründen zumindest dann an, wenn sich die Klage gegen eine im Ausland ansässige Briefkastenfirma richten soll und der Antragsteller die nach Meinung des OLG Dresden generell gerechtfertigte Vermutung, eine Vollstreckung werde nicht möglich sein, durch konkreten, einen Ausnahmefall rechtfertigenden Vortrag nicht erschüttert hat (s. allerdings die Prozesskostenhilfe bewilligenden Entscheidungen OLG Oldenburg v. 10.2.2004 - 15 W 3/04, OLGReport Oldenburg 2004, 227 = MDR 2004, 930; OLG Celle, Beschl. v. 6.12.2002 - 8 W 273/02).
2. Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin besteht eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Maßgeblich hierfür ist die "Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen" (EuGVVO), die am 1.3.2002 in Kraft getreten ist (Art. 66 Abs. 1, 76 EuGVVO). Die Klage aus einer Gewinnzusage kann gem. Art. 15 Abs. 1c, 16 EuGVVO auch dann im Gerichtsstand des Verbrauchers erhoben werden, wenn nicht gleichzeitig eine Warenbestellung erfolgt. Sähe man dies anders, folgte die internationale Zuständigkeit jedenfalls aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO (s. OLG Stuttgart v. 25.11.2002 - 6 U 135/2002, MDR 2003, 350; zur Rechtslage nach dem früher anwendbaren EuGVÜ s. im Übrigen BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248 m. Anm. Schneider = NJW 2003, 426; NJW 2004, 3039; WRP 2005, 252).
3. Der geltend gemachte Anspruch dürfte - auch wenn man keine entsprechende Rechtswahl der Parteien annimmt - nach deutschem materiellem Recht zu beurteilen sein, weil es sich bei der gebotenen weiten Auslegung bei einer Gewinnzusage um einen Verbrauchervertrag i.S.v. Art. 29 EGBGB handelt (s. OLG Hamm NJW-RR 2003, 17) bzw. Art. 40 Abs. 1 EGBGB (unerlaubte Handlung) anwendbar ist.
4. Die Antragsgegnerin ist auch als Senderin der Mitteilung i.S.v. § 661a BGB anzusehen. Sender ist auch ein solches Unternehmen, das - wie hier die Antragsgegnerin - einem Verbraucher unter einem nicht existierenden oder falschen Namen ein Gewinnschreiben zukommen lässt (BGH v. 7.10.2004 - III ZR 158/04, MDR 2005, 80 = BGHReport 2005, 182 = NJW 2004, 3555; WRP 2065, 252).
5. Dennoch bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO. Eine Gewinnzusage i.S.v. § 661a BGB, die, ohne dass der Empfänger weitere Maßnahmen ergreifen muss, bereits mit ihrem Zugang wirksam wird (OLG Saarbrücken v. 23.6.2004 - 1 U 578/03-147, OLGReport Saarbrücken 2004, 576; Lorenz, NJW 2000, 3305 [3307]), setzt voraus, dass die Mitteilung aus objektivierter Empfängersicht nach Inhalt und Gestaltung abstrakt geeignet ist, bei einem durchschnittlichen Verbraucher in der Lage des Empfängers den Eindruck zu erwecken, er werde einen - bereits gewonnenen - Preis erhalten (BGH v. 19.2.2004 - III ZR 226/03, MDR 2004, 677 = BGHReport 2004, 750 = NJW 2004, 1652). Dabei ist nicht auf einen besonders misstrauischen, aufgeklärten Verbraucher abzustellen, sondern darauf, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher die Mitteilung nach ihrem Gesamteindruck auffassen muss (KG, Urt. v. 21.6.2004 - 8 U 10/04; OLG Celle, Urt. v. 2.12.2004 - 11 U 151/04, OLGReport Celle 2005, 188; OLG Saarbrücken v. 27.8.2002 - 4 ...