Leitsatz (amtlich)

Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen, wenn dem Betroffenen ein Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zur Last gelegt wird.

 

Verfahrensgang

AG Bielefeld (Entscheidung vom 19.10.2004)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen wegen selbstständigen Betreibens eines Handwerks als stehendes Gewerbe ohne erforderlichen Eintrag in die Handwerksrolle eine Geldbuße von 5.000,- EUR - unter Gewährung von Ratenzahlungen - verhängt. Gegen die Verfallsbeteiligte Firma J. GmbH hat das Amtsgericht den Verfall in Höhe von 46.000,- EUR angeordnet.

Zur Sache hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

"Zum 01.05.1999 meldete der Betroffene als ehemaliger Geschäftsführer der Firma J. GmbH das Gewerbe "Bodenleger und Einbau von Baufertigteilen" an. Am 30.06.1999 wurde die J. GmbH unter HRB XXXXXX im Handelsregister eingetragen.

Obwohl der Betroffene wußte, daß er bzw. die GmbH dazu mangels eines erforderlichen Eintrags in die Handwerksrolle nicht berechtigt war, führte die J. GmbH, die durchschnittlich etwa 10 Mitarbeiter beschäftigte, in der Zeit vom 01.05.1999 bis zum 15.05.2003 an zahlreichen nachfolgend näher bezeichneten Bauvorhaben Maurer-, Betonbauer-, Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten durch."

Weiter folgt eine vierseitige Tabelle, in der ein Name (offenbar der Name des Bauherrn des Bauvorhabens), ein Aussagedatum der jeweiligen Person, eine Spalte, in der "Arbeiten laut Zeugenaussage", eine Spalte: "Arbeiten laut Rechnung", eine weitere Spalte "Handwerk" sowie zwei weitere Spalten, in denen Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag in DM und Rechnungsbetrag in Euro aufgeführt sind. Die Aufstellung enthält handschriftliche Einfügungen von Beträgen unter Bezugnahme auf Blattzahlen der Gerichtsakte sowie Streichungen einzelner Tabellenpositionen. Der Gesamtbetrag der Rechnungen ist mit 170.790,77 EUR angegeben. Wegen der Einzelheiten der tabellarischen Aufstellung wird auf Bl. 4 bis 7 des angefochtenen Urteils (S. 1557 - 1559 d.A.) verwiesen.

Weiter enthält das Urteil folgende Feststellungen zur Sache:

"Das Gesamtvolumen der Aufträge beträgt ca. 900.000,00 Euro.

Am 15.05.2003 wurde die J. GmbH mit dem Maurer- und Betonbauerhandwerk in die Handwerksrolle eingetragen, nachdem mit der Einstellung des X.Y. als Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung vorlagen."

Das Amtsgericht hat es nach den Feststellungen, die der Betroffene letztendlich vollumfänglich eingeräumt habe, als erwiesen angesehen, dass sich der Betroffene als Geschäftsführer der J. GmbH einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG schuldig gemacht habe. Wegen der weiteren Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Betroffene und die Verfallsbeteiligte haben gegen dieses Urteil jeweils Rechtsbeschwerde eingelegt und mit näheren Ausführungen die Verletzung sachlichen Rechts gerügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,

das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bielefeld zurückzuverweisen.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 OWiG statthaften sowie form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerden haben in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führen auf die erhobene Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht Bielefeld.

Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs. 1 SchwArbG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht. Gemäß § 46 OWiG, § 267 Abs. 1 S. 1 StPO müssen die Urteilsgründe auch bei einer Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit gefunden werden. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht, weil die Urteilsgründe dem Rechtsbeschwerdegericht bereits nicht die Prüfung erlauben, dass der Betroffene den äußeren Tatbestand der genannten Ordnungswidrigkeit erfüllt hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes gegen die Bekämpfung der Schwarzarbeit in der für die Tatzeit geltenden Fassung handelt ordnungswidrig, wer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang erbringt, obwohl er ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung). Die Feststellungen des angefochtenen Urteils enthalten nicht die insoweit erforderliche Darlegung der handwerklichen Arbeiten im Einzelnen, die der Betroffene ohne Eintragung in die Handwerksrolle im Rahmen seines stehenden Gewerbes ausgeführt hat, und zwar für jeden Auftrag, nach...

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