Verfahrensgang

AG Werl (Aktenzeichen 10 F 272/23)

 

Tenor

Die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Werl vom 07.02.2024 wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit der Beschwerde wendet sich der Bezirksrevisor gegen den Kostenansatz in der Gerichtskostenrechnung vom 18.01.2024.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich mit Antrag vom 25.07.2023 die Zahlung rückständigen Kindesunterhalts in Höhe von 2.510,18 EUR begehrt. Den mit Gerichtskostenrechnung vom 31.07.2023 angeforderten Vorschuss von 357 EUR (3,0-fache Verfahrensgebühr Nr. 1220 KV FamGKG nach einem Verfahrenswert von 2.510 EUR) hat sie am 03.08.2023 gezahlt.

Mit Schriftsatz vom 30.10.2023 hat die Antragstellerin ihren Antrag zurückgenommen. Das Amtsgericht hat ihr mit Beschluss vom 04.12.2023 (10 F 272/23) die Kosten des Verfahrens auferlegt mit der Begründung, dies entspreche nach Antragsrücknahme gem. § 243 FamFG billigem Ermessen.

Die Gerichtskostenrechnung vom 18.01.2024 verhält sich über die Rückzahlung von 2 Gerichtsgebühren an die Antragstellerin in Höhe von insgesamt 238 EUR, gestützt auf Nr. 1221 KV FamGKG. Der Bezirksrevisor hat am 02.02.2024 gegen die Gerichtskostenrechnung vom 18.01.2024 Erinnerung eingelegt und ausgeführt, Nr. 1221 KV FamGKG finde in Unterhaltssachen keine Anwendung, es bleibe daher bei der 3,0-fachen Verfahrensgebühr. Das Amtsgericht Werl hat die Erinnerung mit Beschluss vom 07.02.2024 (10 F 272/23) zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, mit der Antragsrücknahme habe sich das Ermessen für die zu treffende Kostenentscheidung auf null reduziert, weshalb kein mit § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO vergleichbarer Sachverhalt vorliege. Nr. 1221 KV FamGKG sehe nur für eine streitige Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine Verfahrensgebührenermäßigung nicht vor. Die vorliegende Kostenentscheidung unterscheide sich inhaltlich nicht von einer Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors. Der Bezirksrevisor hält unter Hinweis auf die Kommentierung von Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 3. Auflage 2019, Nr. 1221 Rn. 33 an seiner Auffassung fest, in Unterhaltssachen sei die Kostenentscheidung gem. § 243 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen, so dass eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1221 KV FamGKG grundsätzlich nicht in Betracht komme. Es liege kein Fall des §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO vor, eine analoge Anwendung scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus; der Gesetzgeber habe gerade nicht den § 243 FamFG bei der Nr. 1221 KV FamGKG berücksichtigt. Zudem sei zu beachten, dass den Kostenbeamten andernfalls aufgebürdet würde, richterliche Entscheidungen auf die Ausübung von Ermessen zu überprüfen. Es sei deshalb für das hiesige Verfahren eine 3,0-fache Verfahrensgebühr Nr. 1220 KV FamGKG in Höhe von 357,00 EUR anzusetzen.

II. Die Beschwerde des Bezirksrevisors ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Gebührenermäßigung nach Nr. 1221 Ziffer 1 KV FamGKG tritt auch bei einer Antragsrücknahme in Unterhaltsverfahren ein, wenn das Familiengericht dem Antragsteller in Anwendung des Rechtsgedankens des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Verfahrenskosten auferlegt hat (ebenso OLG Bamberg, Beschluss vom 24.03.2020, 2 WF 65/20, juris; BeckOK Kostenrecht, Stand: 01.01.2024, FamGKG KV 1221 Rn. 14; Toussaint, Kostenrecht, 53. Auflage 2023, FamGKG KV 1221, Rn. 1; Schneider/Volpert/Fölsch, Kostenrecht, 3. Auflage 2021, FamGKG, KV Nr. 1221 Rn. 4; Norbert Schneider, Gerichtsgebührenermäßigung bei Antragsrücknahme in Unterhaltssachen, NZFam 2020, 404; a.A. allein Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 3. Auflage 2019, Nr. 1221 Rn. 33).

Die Kostenentscheidung in Unterhaltsverfahren richtet sich gem. § 243 FamGKG zwar stets nach billigem Ermessen, jedoch sind im Rahmen der Ermessensprüfung neben den in § 243 Satz 2 FamFG aufgeführten Regelbeispielen die Rechtsgedanken zu berücksichtigen, die den verdrängten ZPO-Vorschriften zu Grunde liegen (BGH, Beschluss vom 28.09.2011, XII ZB 2/11, juris). Damit findet in Unterhaltsverfahren auch der Rechtsgedanke des § 269 ZPO bei der Antragsrücknahme Anwendung (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 16.11.2020, 7 UF 228/20, juris; OLG Köln, Beschluss vom 10.04.2017, 21 WF 65/17, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 12.03.2014, 6 WF 43/14, juris; BGH, Beschluss vom 19.06.2013, XII ZB 39/11, juris, Rn. 9, stellt in einer Unterhaltssache sogar unmittelbar auf § 269 ZPO ab). Hier fußt die Kostengrundentscheidung des Amtsgerichts vom 04.12.2023, in der der Antragstellerin die Kosten allein mit Blick auf die Antragsrücknahme auferlegt werden, ausschließlich auf dem Rechtsgedanken des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Es ist deshalb kein Grund erkennbar, Nr. 1221 KV FamGKG nicht anzuwenden. § 243 FamGKG bezweckt, die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen flexibler und weniger f...

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