Leitsatz (amtlich)

Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert gem. § 61 Abs. 1 S. 1 GNotKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers, wobei der Wert durch den Geschäftswert der ersten Instanz begrenzt ist (§ 61 Abs. 2 S. 1 GNotKG). Die Bewertung der Anträge erfolgt aufgrund der Geschäftswert- und Bewertungsvorschriften in §§ 36 ff. und §§ 46 ff. GNotKG. Maßgeblich ist insoweit im Grundsatz der Verkehrswert (§ 46 GNotKG), sofern nicht eine gesetzliche Sonderregelung greift.

Für die Bewertung des in einem Hoffeststellungsverfahren betroffenen Grundbesitzes ist dessen Verkehrswert und nicht der Einheitswert maßgeblich, wenn die Voraussetzungen der Privilegierung nach § 48 Abs. 1 GNotKG nicht erfüllt sind.

Die eng auszulegende Ausnahmevorschrift bevorzugt wegen ihrer Zielrichtung, dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Fortführung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in Familienbesitz Rechnung zu tragen, nur bestimmte Fortführungsgeschäfte.

Das Bewertungsprivileg greift daher nicht ein, wenn der landwirtschaftliche Betrieb aufgrund einer seit mehreren Jahren durchgehend erfolgten Verpachtung im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls nicht durch den Eigentümer selbst bewirtschaftet wird, oder, wenn eine noch andauernde Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzfläche einer unmittelbaren Bewirtschaftung des gesamten Betriebes durch den Hoferben entgegensteht, ohne dass es darauf ankommt, ob eine solche beabsichtigt gewesen ist.

 

Normenkette

GNotKG §§ 36, 48, 61

 

Verfahrensgang

AG Ahaus (Aktenzeichen 8 Lw 91/20)

 

Tenor

Auf die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) vom 13.12.2021 wird der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens in Abänderung der im Senatsbeschluss vom 24.11.2021 erfolgten Festsetzung auf 450.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

1. Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert gem. § 61 Abs. 1 S. 1 GNotKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers, wobei der Wert durch den Geschäftswert der ersten Instanz begrenzt ist (§ 61 Abs. 2 S. 1 GNotKG). Die Bewertung der Anträge erfolgt aufgrund der Geschäftswert- und Bewertungsvorschriften in §§ 36 ff. und §§ 46 ff. GNotKG (Korintenberg/Fackelmann, 22. Aufl. 2022, GNotKG § 61 Rn. 20). Dabei richtet sich der Geschäftswert des vorliegenden negativen Hoffeststellungsverfahrens mangels Eingreifens der besonderen Geschäftswertvorschriften in §§ 40-45 GNotKG nach § 36 Abs. 1 GNotKG.

Bei der danach vorzunehmenden Ermessensentscheidung ist sowohl der Wert des durch das Verfahren betroffenen Wirtschaftsguts zu berücksichtigen, als auch das Ausmaß, in welchem dieses durch das Verfahren betroffen ist. Maßgeblich ist insoweit im Grundsatz der Verkehrswert (§ 46 GNotKG), sofern nicht eine gesetzliche Sonderregelung greift (vgl. Korintenberg/Bormann, 22. Aufl. 2022, GNotKG § 36 Rn. 14).

2. Nach diesen Maßstäben war hier abändernd der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Höhe des in erster Instanz festgesetzten Geschäftswerts festzusetzen.

Aus der Beschwerdebegründung des Beteiligten zu 2), auf die dieser in dem Anhörungstermin vom 11.11.2021 Bezug genommen hat, ergibt sich ein konkludent gestellter Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Zurückweisung des Feststellungsantrages der Beteiligten zu 1). Für die Bewertung des von diesem Feststellungsverfahren betroffenen Grundbesitzes ist - wie in erster Instanz angenommen - dessen Verkehrswert und nicht der Einheitswert maßgeblich, weil die Voraussetzungen der Privilegierung nach § 48 Abs. 1 GNotKG nicht erfüllt sind.

a) Diese Privilegierung erfordert nach Abs. 1 S. 1 nicht nur die Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes mit Hofstelle an eine oder mehrere natürliche Personen. Erforderlich ist weiter, dass die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber beabsichtigt ist (Nr. 1) und der Betrieb unmittelbar nach Vollzug der Übergabe oder Zuwendung einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers bildet (Nr. 2).

Hintergrund dieser Einschränkung ist der Umstand, dass keine generelle Privilegierung von Land- oder Forstwirtschaften erfolgen soll. Die eng auszulegende Ausnahmevorschrift bevorzugt wegen ihrer Zielrichtung, dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Fortführung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in Familienbesitz Rechnung zu tragen, nur bestimmte Fortführungsgeschäfte (Korintenberg/Tiedtke, 22. Aufl. 2022, GNotKG § 48 Rn. 1, 2).

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Bewertungsprivileg nur dann greifen, wenn der Erwerber dem bisherigen Eigentümer unmittelbar als Bewirtschafter nachfolgt. Eine Anwendung von § 48 Abs. 1 GNotKG scheidet demnach aus, wenn entweder schon der bisherige Eigentümer den Betrieb im Zeitpunkt der Vornahme des Geschäfts, etwa aufgrund einer überwiegenden Verpachtung, nicht selbst bewirtschaftet oder keine unmittelbare eigene Bewirtschaftung des Betriebs durch den Erwerber erfolgt (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 169; Korintenber...

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