Verfahrensgang
LG Bielefeld (Entscheidung vom 12.06.2007; Aktenzeichen StVK D 1934/07 (23a)) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 26.03.2004 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 08.12.2004 wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Am 12.12.2006 wurde der Beschwerdeführer vom Landgericht Dortmund wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt; das Urteil ist rechtskräftig seit dem 20.12.2006. Nach Eingang einer Abschrift dieses Urteils am 07.03.2007 gab das Amtsgericht Gütersloh dem in der Justizvollzugsanstalt Dortmund in Strafhaft einsitzenden Verurteilten Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem beabsichtigten Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung.
Nach einer Verlegung des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede I im April 2007 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld durch Beschluß vom 12.06.2007 die Aussetzung der Vollstreckung der durch Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 26.03.2004 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 08.12.2004 verhängten Freiheitsstrafe widerrufen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.
II.
Die gemäß § 453 Abs. 2 Satz 3 StPO statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, weil die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld für die zu treffende Entscheidung nicht örtlich zuständig war.
Zuständig für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund.
Mit dem Beginn der Strafhaft aufgrund der seit dem 20.12.2006 rechtskräftigen Verurteilung des in der Justizvollzugsanstalt Dortmund einsitzenden Beschwerdeführers wurde die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund für diese Entscheidung zuständig. Die Zuständigkeit wurde schon mit der Aufnahme des Verurteilten in einer Anstalt ihres Bezirks für die nachfolgenden Entscheidungen begründet (BGHSt 26, 278, 279; 30, 223, 224). Denn nach § 462a Abs. 1 StPO obliegen der Strafvollstreckungskammer die nachträglichen Entscheidung, sobald gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird. Nach dem Konzentrationsgrundsatz des § 462a Abs. 4 Satz 3 StPO gilt das nicht nur für die Vollstreckung der Strafe, die der Verurteilte in ihrem Bezirk verbüßt, sondern auch für die Bewährungsüberwachung und die insoweit zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich sonstiger ausgesetzter Strafen oder Strafreste (BGH, NStZ-RR 2007, 94, 95).
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund war auch mit der Frage des Widerrufs 'befasst' im Sinne des § 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO. 'Befasst' mit der Sache im Sinne dieser Vorschrift ist ein Gericht schon dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die den Widerruf der Strafaussetzung rechtfertigen können (BGHSt 26, 187, 188; 30, 189, 191). Dies war hier der Fall, nachdem am 07.03.2007 bei dem die Bewährung überwachenden Amtsgericht Gütersloh eine Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 12.12.2006 einging. Das Landgericht Dortmund hatte den Verurteilten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Diese Verurteilung gab Anlass, die Frage des Bewährungswiderrufs zu prüfen. Ob die Akten sich zu diesem Zeitpunkt bei der Strafvollstreckungskammer befinden, ist dagegen unerheblich (BGHSt 26, 214, 216; KK-Fischer StPO 5. Aufl. § 462 a Rn. 18 m.w.N.).
Die zwischenzeitliche Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede I beendete diese Zuständigkeit nicht, weil in der Sache über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung noch nicht abschließend entschieden war (BGHSt 26, 165, 166; 30, 189, 191). Für die konkret erforderlich gewordene Sachentscheidung gilt für die örtliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammern untereinander insoweit der Grundsatz der perpetuatio fori (KK-Fischer, StPO, 5. Auflage, § 462 a, Rdnr. 16; BGHSt 30, 189).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 467 Abs. 1, 473 Abs. 4 StPO analog.
Fundstellen