Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsgeschäft, durch das bei einer bestehenden Grunddienstbarkeit (Wegerecht) der Kreis der nutzungsberechtigten Eigentümer der herrschenden Grundstücke erweitert wird, kann nicht im Wege einer Inhaltsänderung im Grundbuch eingetragen werden.
Normenkette
BGB § 873 Abs. 1, § 877
Verfahrensgang
AG Gütersloh (Aktenzeichen GT-7062-35) |
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligte ist Eigentümerin des eingangs genannten Grundstücks, das mit einem Kaufhaus mit einer Tiefgarage bebaut ist. Dieses Grundstück ist in Abt. II des Grundbuchs unter lfd. Nr. 11 belastet mit einer Grunddienstbarkeit folgenden Inhalts:
"Wegerecht (Befahren durch Benutzer der auf dem herrschenden Grundstück errichteten Tiefgarage) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Gemarkung H Flur ... Flurstücke ...1 und ...2 (eingetragen in H Blatt ****). Unter Bezug auf die Bewilligung vom 15.6./4.12.1998 (UR-Nr. 515 und 1027/1998, Notar Q in H) mit Rang vor den Rechten Abt. III Nr. 2, 3, 4, 5, 9 und 10 eingetragen am 18.2.1999.
Eigentümerin des mit der Grunddienstbarkeit begünstigten Grundstücks ist die E GmbH in H, die auf dem herrschenden Grundstück in zwei unterirdischen Geschossen eine Tiefgarage unterhält. Die E GmbH will diese Tiefgarage um ca. 121 öffentliche Tiefgaragenplätze und 29 Stellplätze, die privat genutzt werden, erweitern, und zwar auf den Flurstücken ...3 und ...4, wiederum in zwei Untergeschossen. Auch diese Tiefgarage soll über den der Beteiligten gehörenden Weg zugängig sein.
Die Beteiligte will daher den Inhalt der bereits eingetragenen Grunddienstbarkeit dahingehend erweitern, dass das bereits bestehende Wegerecht in unveränderter Form für die Nutzer der vorhandenen Tiefgarage erhalten bleibt, aber erweitert wird zugunsten der Nutzer des Erweiterungsbaus. Sie hat daher in einer unterschriftsbeglaubigten Erklärung am 8.7.2013 (UR-Nr. 473/2013 des Notars Q) die Erweiterung der unter lfd. Nr. 11 eingetragenen Grunddienstbarkeit bewilligt und beantragt, diese einzutragen.
Mit Zwischenverfügung vom 26.11.2013 rügte das Grundbuchamt, das Gesetz sehe eine Erweiterung einer Grunddienstbarkeit nicht vor, inhaltlich sei wohl die Bestellung einer Grunddienstbarkeit für andere gewollt. Zur Behebung des Mangels sei deshalb die Vorlage einer Bewilligung für die Bestellung einer neuen Grunddienstbarkeit erforderlich. Die begünstigten Flurstücke müssten gem. § 28 GBO bezeichnet sein, die in der Erklärung vom 8.7.2013 bezeichneten seien nicht mehr existent. An dieser Auffassung hielt das Grundbuchamt auf die Einwendung der Beteiligten, dass das bestehende Recht nicht geändert, sondern nur auf eine Mehrzahl von Nutzern erweitert werde, mit Zwischenverfügung vom 10.2.2014 fest und setzte zur Behebung des Eintragungshindernisses eine Frist gem. § 18 GBO bis einschließlich 30.4.2014.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 4.3.2014 nicht abhalf.
II. Die namens der Beteiligten vom Urkundsnotar (§ 15 GBO) eingelegte Beschwerde ist nach §§ 71, 73 GBO zulässig (vgl. Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 3. Aufl., § 71 Rz. 11) und bereits aus formellen Gründen begründet, weil das Grundbuchamt unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung grundbuchverfahrensrechtlich eine Zwischenverfügung nicht hätte erlassen dürfen. Dieser Mangel allein führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung.
Nach gefestigter Rechtsprechung ist der Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO nur zulässig, wenn sie zur Behebung eines mit auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkender Kraft heilbaren Hindernisses dienen soll (BayObLGZ 1990, 6, 8; in Bauer/von Oefele/Wilke, a.a.O., § 18 Rz. 9; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 8 Rz. 8). Die Zwischenverfügung soll damit dem gestellten Eintragungsantrag zum Erfolg verhelfen und dient zugleich der Rangwahrung des noch nicht erledigten Antrags gegenüber später eingehenden weiteren Eintragungsanträgen (§ 18 Abs. 2 GBO). Hier hält das Grundbuchamt aber die Bestellung einer neuen Dienstbarkeit (Wegerecht) zugunsten des Eigentümers eines weiteren Grundstücks für erforderlich, um die beantragte Eintragung vornehmen zu können. Ein noch vorzunehmendes Rechtsgeschäft kann jedoch aus den genannten Gründen nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung sein.
Da die Beschwerde bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen Erfolg hat, weist der Senat ohne Präjudiz daurauf hin, dass das Grundbuchamt in der Sache Recht hat:
Die Beteiligte will den Inhalt der eingetragenen Dienstbarkeit in Bezug auf die Befugnisse des eingetragenen Begünstigten nicht ändern - der Eigentümer des herrschenden Grundstücks (H Flur ... Flurstücke ...1 und ...2) soll das Wegerecht weiterhin so, wie es bestellt ist, nutzen dürfen -, sondern dahin erweitern, dass das eingetragene Wegerecht auch von dem Eigentümer des auf zwei anderen Grundstücken (von der Beteiligten mit Flurstücken "...3 und ...4" bezeichnet) errichteten Tiefgaragenerweiterungsbaus genutzt werden darf. Eine solch...