Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Auch Sondernachfolger bindende Beschlüsse und "beschlossene" schuldrechtliche Vereinbarungen ohne nachfolgende Grundbucheintragung

 

Leitsatz (amtlich)

1.

Eine schuldrechtliche Vereinbarung der Wohnungseigentümer, die auf eine grundlegende Änderung der Gemeinschaftsordnung gerichtet ist, wird mit ihrem Gesamtinhalt hinfällig, wenn Sonderrechtsnachfolger in die Gemeinschaft eintreten, die gem. § 10 Abs. 2 WEG wegen unterbliebener Eintragung als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch an die Vereinbarung nicht gebunden sind.

2.

Zu den Anforderungen an die Feststellung eines rechtsgeschäftlichen Eintritts eines Sonderrechtsnachfolgers in eine schuldrechtliche Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Rahmen des Erwerbsvertrages mit seinem Rechtsvorgänger.

3.

Die Berufung auf die fehlende Bindungswirkung nach § 10 Abs. 2 WEG durch einen Sonderrechtsnachfolger ist regelmäßig nicht rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB).

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 2

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dr. F, Dr. B, Dr. H, T und M

Rechtsanwälte Sch, Dr. K, W, Dr. R, Dr. L, B und Dr. K

 

Verfahrensgang

AG Hattingen (Aktenzeichen 8 II 157/94)

LG Essen (Aktenzeichen 7 T 636/95)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Entscheidung des Landgerichts über die Gerichtskosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgehoben wird.

Der Beteiligte zu 1) trägt die gesamten Gerichtskosten des Verfahrens. Er hat ferner die im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde den Beteiligten zu 2) – 12) entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 50.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 1) und 2) sowie 4) bis 11) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Das dem Miteigentumsanteil des Beteiligten zu 1) zugeordnete Sondereigentum besteht aus den Räumen der Wohnung Nr. 10, die sich in einem gesonderten, von den Beteiligten als sogenanntes Einfamilienhaus bezeichneten Baukörper befinden. Der Beteiligte zu 1) beabsichtigte bereits im Jahre 1989, sein Sondereigentum in zwei selbständige Wohnungen aufzuteilen. Dazu war es bautechnisch erforderlich, einen selbständigen Zugang zum Obergeschoß des Gebäudes auf einen dazu auf der Ostseite des Gebäudes in die Gartenfläche zu setzenden Podest zu errichten.

Zur Erledigung eines zwischen den Wohnungseigentümern in ihrer damaligen personellen Zusammensetzung anhängigen Verfahrens nach dem WEG (13 II 324/88 AG Hattingen) wurde in der Eigentümerversammlung vom 06.10.1989 folgender „einstimmiger Beschluß” gefaßt:

„Wir (es folgt die Aufzählung sämtlicher damaliger Wohnungseigentümer)

beschließen die Änderung der Nutzungsregelung gem. Beschluß der Eigentümer gemeinschaft (Versammlung vom 08.05.1989) bezüglich des jeweiligen Miteigentümers des Miteigentums Nr. 10 „Einfamilienhaus” gegen Zahlung eines Betrages von DM 5.000,00 zum 01-12-1989 auf das Gemeinschaftskonto unter Zugrundelegung des als Anlage angefügten Grundrißplanes wie folgt:

I. Vereinbarung über Kostenregelung des Wohnungseigentümers Nr. 10 bezüglich des Einfamilienhauses Nr. 10 gegenüber den Wohnungseigentümern Nr. 1 bis 9 des Aufteilungsplanes.

A. Folgende Kosten sind von dem jeweiligen Eigentümer des Einfamilienhauses allein zu tragen:

  1. Kosten sämtlicher Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen am Einfamilienhaus und der unter II, Abs. 1 bis 3 aufgeführten Gebäudeteile und Flächen.
  2. Kosten der Versicherungen, nämlich Gebäudeversicherung (Abtrennung vom Gesamtobjekt) und Versicherung des Sondereigentums Nr. 10 eigenständig, soweit dies versicherungstechnisch möglich ist.

    Gewässerschadenhaftpflicht

    Haus- und Grundbesitzer-Hafpflichtversicherung

    Dem Eigentümer Nr. 10 ist es gestattet, die für ihn günstigste Versicherung jeweils zu wählen. Bei der Gebäudeversicherung muß es sich um eine gleitende Neuwertversicherung handeln.

  3. Kosten der Instandhaltung, Wartung Reparatur und evtl. Erneuerung des Heizöltanks, der Ölleitungen und sämtlicher zur Heizung gehörenden weiteren Bauteile.
  4. Kosten, die durch Erneuerung oder Reparaturen der Strom- und Fernsprechleitungen entstehen.
  5. Kaminfeger

B

Folgende Kosten sind von sämtlichen Eigentümern, also unter Einbeziehung des Eigentümers Nr. 10, nach dem Verteilerschlüssel zu tragen:

  1. Verwaltungskosten
  2. Straßenreinigung
  3. Gartenpflege
  4. Hofreinigung incl. Außentreppe bis Sondernutzungsrecht
  5. Reparaturen Garagenhof und Außentreppe bis Sondernutzungsrecht
  6. Müllabfuhr
  7. Wasser/Entwässerung
  8. Versicherungen bis zum Zeitpunkt der eigenständigen Versicherung des WE Nr. 10 (siehe Punkt A/2)

II.

Der jeweilige Eigentümer des Einfamilienhauses Nr. 10 des Aufteilungsplanes erhält folgendes Sondernutzungsrecht:

1.

Überdachte Fläche Hauseingang, Laubengang und Holzlager (in der Skizze mit Nr. „1” bezeichnet).

2.

Freifläche beidseitig des Gebäudes bis zur jeweiligen Grundstücksgrenze sowie die an der Nordseite des Gebäudes liegende Fläche in einer Breite von ca. 3,85 m einschließli...

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