Leitsatz (amtlich)

Zur Zumutbarkeit der Belastung/Verwertung eines Hausgrundstücks zwecks Deckung der Prozesskosten aus eigenen Mitteln.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 115 Abs. 3; SGB XII § 90

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 169/14)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Schadensersatzklage gegen den Beklagten wegen einer Hauptforderung i.H.v. 10.109,85 EUR. Der haftpflichtversicherte Antragsgegner hat den auf einer fahrlässigen Inbrandsetzung von Mobiliar in der Wohnung der Antragstellerin beruhenden Anspruch vorprozessual dem Grunde nach anerkannt. Das LG hat der Antragstellerin Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, sie müsse die Prozesskosten notfalls durch Kreditaufnahme und Absicherung durch Belastung ihres hälftigen Miteigentumsanteils an dem mit einer Doppelhaushälfte bebauten unbelasteten Grundstück N-Straße in C absichern. Die Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von 100 qm bewohnt die Antragstellerin gemeinsam mit ihrer Tochter. Das LG hat der Beschwerde der Antragstellerin nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Senat vorgelegt.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

Die Antragstellerin ist gehalten, sich die zur Verfahrensführung erforderlichen Mittel durch Verwertung ihres Miteigentumsanteils an dem mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstücks N-Straße in C zu verschaffen. Dieses Objekt ist - auch wenn es von der Antragstellerin gemeinsam mit ihrer Tochter selbst bewohnt wird - nicht als sog. Schonvermögen nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt.

Das von ihr selbst und ihrer Tochter bewohnte Haus übersteigt unter den gegebenen Umständen den angemessenen Wohnbedarf und kann bei der Prozesskostenhilfeentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben.

Anknüpfend an die Vorgängervorschrift des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG darf nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB die Gewährung von Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, welches von dem Hilfesuchen den allein oder mit einem Angehörigen bewohnt wird, abhängig gemacht werden. Die Angemessenheit bestimmt sich u.a. nach der Zahl der Bewohner, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.12.2010 - 9 WF 113/10, FamRZ 2011, 1159).

Zur näheren Bestimmung des Begriffs des angemessenen Hausgrundstücks hat das OLG Hamm in FamRZ 2013, 142 wie folgt näher ausgeführt:

"Das wichtigste objektivierbare Kriterium stellt dabei die Größe der Wohnfläche dar, wobei der Grenzwert für ein "Familienheim" zur Unterbringung eines Vierpersonenhaushalts bei 130 m2 lag und nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bei einer geringeren Personenzahl eine Reduzierung um jeweils 20 m2 pro Person vorzunehmen war (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.12.1999 - 2 WF 105/99 - FuR 2001, 31; VG München, Beschl. v. 14.12.2009 - M 1 K0 09.4662, M 1 K0 09.4980).

Die Angemessenheit der Größe von Familienheimen und Eigentumswohnungen war bis zum 31.12.2001 aufgrund der bis dahin in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG enthaltenen ausdrücklichen Verweisung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WobauG) zu bestimmen. Nach dessen Aufhebung werden die für die Wohnungsbauförderung maßgeblichen Wohnungsgrößen nach dem Wohnraumförderungsgesetz durch die Länder bestimmt (vgl. VG München, Beschl. v. 14.12.2009 - M 1 K0 09.4662, M 1 K0 09.4980); mithin § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz - WoFG - vom 13.9.2001).

Die danach maßgeblichen landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen zu § 10 WoFG, in Nordrhein-Westfalen, nämlich Nr. 5.7 der VV-WoBindG, sind nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für den sozialen Wohnungsbau vom Bund auf die Bundesländer - wie auch das WoFG - mit Wirkung zum 31.12.2009 außer Kraft getreten. Nr. 19 Satz 2 Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) - RdErl. d. Ministeriums für Bauen und Verkehr - IV. 5-619-1665/09 vom 12.12.2009 (MBl. NRW 2010, 1), die zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des am 1.1.2010 in Kraft getretenen

Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Wohnungswesen, zur Steigerung der Fördermöglichkeiten der NRW. BANK und zur Änderung anderer Gesetze vom 8.12.2009 (WFNG NRW - GV NRW 2009, 772) erlassen worden sind, ordnet an, dass die VV-WoBindG mit Ausnahme der Nrn. 8 bis 8b. 3 und 22 und der Anlage mit Ablauf des 31.12.2009 außer Kraft treten.

Für die Belegung von gefördertem Wohnraum i.S.d. § 18 WFNG NRW sind ab dem 1.1.2010 die in Nr. 8. 2 der WNB angesetzten Werte der Wohnflächen maßgeblich. Nach Nr. 8.2 der WNB zu Abs. 2 ist "angemessen" i.S.d. § 18 Abs. 2 WFNG NRW in der Regel für eine alleinstehende Person eine Wohnungsgröße von 50 m2 Wohnfläche. Für einen Haushalt mit zwei haushaltsange...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge